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Verhagelter Saisonstart Verhagelter Saisonstart wegen Corona: Verunsicherung der Konsumenten trifft auch Gärtnereien in Dessau-Roßlau

Von Danny Gitter 31.03.2020, 06:00
Bärbel Matthey hofft, dass der Saisonstart doch noch ein bisschen Normalität bekommt.
Bärbel Matthey hofft, dass der Saisonstart doch noch ein bisschen Normalität bekommt. Ruttke

Dessau - Die Theorie, dass ihnen die Leute sprichwörtlich die Bude einrennen, weil die Gelegenheit noch nie so günstig war, sich mit der eigenen grünen Oase zu beschäftigen, muss Rocco Danneberg gleich widerlegen. „Viele sind sich in diesen Tagen unsicher, wer überhaupt noch offen hat“, resümiert der Chef der Gärtnerei Schneider in Kochstedt.

„Viele denken daher wohl auch, dass wir geschlossen haben. Doch dem ist nicht so“, stellt Danneberg klar. „Ich habe mir auch schon überlegt, über die sozialen Medien mitzuteilen, dass wir noch offen haben. Doch eine Kollegin aus Brandenburg, die das tat, bekam darauf hin einen riesigen Shitstorm. Deshalb lasse ich lieber die Finger davon“, erklärt er.

Es sind paradoxe und vor allem für Konsumenten verwirrende Zeiten. Während Blumengeschäfte in verschiedenen Ecken der Stadt die Rollläden runter gezogen haben, dürfen die verschiedenen Gärtnereien öffnen. Sie werden vom Gesetzgeber als landwirtschaftliche Produktionsbetriebe eingestuft und sollen daher auch in Krisenzeiten die Bevölkerung direkt mit ihren Waren versorgen können.

Normalerweise läuft das Blumengeschäft mit dem kalendarischen Frühlingsbeginn ganz gut an

Reine Blumengeschäfte fallen dagegen nicht in die Kategorie der landwirtschaftlichen Produktion und sind daher als Handelseinrichtungen geschlossen. Zudem ist auch die Bereitstellung von Trauerfloristik ein wichtiges Argument, in Gärtnereien den Betrieb aufrecht zu erhalten. „Ein würdevolles Begräbnis muss ja weiterhin gewährleistet sein. Man kann ja die Verstorbenen nicht über Wochen in Kühlkammern aufbewahren, um abzuwarten, bis die Gärtnereien wieder arbeiten“, erklärt Danneberg.

Normalerweise läuft das Geschäft mit dem kalendarischen Frühlingsbeginn ganz gut an und steigert sich dann bis Pfingsten. „Derzeit ist es aber verhältnismäßig ruhig“, konstatiert Danneberg.

Wer von den Kunden mitbekommt, dass geöffnet ist, der schaut rein und holt sich schon die ersten Frühblüher wie Primeln, Hyazinthen, Osterglocken und Stiefmütterchen, die durchaus auch ein bisschen Frost vertragen. Für den Chef der Kochstedter Gärtnerei ist florale Ablenkung auch ein gutes Mittel gegen die gelegentlich auftretende Weltuntergangsstimmung.

„Wer was von drinnen will, der klingelt und wir bringen die gewünschte Ware an die Tür“

„Man muss doch auch mal auf andere Gedanken kommen. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Auch das ist Normalität in diesen Tagen“, stellt er fest. Und der eigene Garten, Balkon oder Terrasse sind aus seiner Sicht die derzeit sowieso besten Orte zum Aufenthalt im Freien. Aufgrund des geringen Kundenaufkommens muss Danneberg auch noch nicht den Mindestabstand zwischen den Kunden in seinem Geschäft regeln. „Derzeit haben wir wirklich genug Platz“, bilanziert er.

Bärbel Matthey hat in ihrer gleichnamigen Gärtnerei in der Brandhorster Straße in Waldersee schon präventive Maßnahmen getroffen. „Auf dem Außengelände kann man sich frei bewegen. Wer was von drinnen will, der klingelt und wir bringen die gewünschte Ware an die Tür“, erklärt sie. Auch bei Matthey sind es derzeit viel weniger Kunden im Vergleich zu den Vorjahren.

„Dabei müssen wir im Frühjahr einen großen Teil des Umsatzes für den Rest des Jahres erzielen“, sagt sie. Noch möchte die Gärtnerei-Chefin das Frühjahrsgeschäft nicht komplett abschreiben. „Vielleicht kommt doch noch alles in Schwung. Doch viel Zeit haben wir nicht. Unsere Pflanzen sind schließlich verderbliche Ware“, so Matthey.

Relativ sorgenfrei ist dagegen noch die Baumschule Göricke in Waldersee

Einen Gedanken möchte sie derzeit nicht denken. Wenn das öffentliche Leben auch bald nach Ostern nicht schrittweise wieder hochgefahren wird und womöglich dann auch Gärtnereien geschlossen werden. Das wäre aus ihrer Sicht „eine echte Katastrophe“. „Das trifft Geschäfte, egal welcher Branche immer hart. Schließlich laufen bei ausbleibenden Umsätzen die Kosten weiter“, sagt auch Danneberg. Er hat gelernt, dass Gewissheiten in diesen Zeiten eine kurze Halbwertzeit haben. „Wenn neue Situationen, wie eine Schließung, tatsächlich eintreten, dann muss man einen Weg finden auch damit umzugehen“, sagt der Gärtnerei-Chef aus Kochstedt.

Relativ sorgenfrei ist dagegen noch die Baumschule Göricke in Waldersee in die Saison gestartet. „Bisher läuft es ganz gut. Der Kundenzuspruch entspricht ungefähr dem der Vorjahre“, erzählt der Mitarbeiter Udo Lattauschke. Trotzdem ist im Geschäft im Birnbaumweg genügend Platz, um problemlos die zwei Meter Sicherheitsabstand zwischen den Kunden einzuhalten. (mz)