Ganz ohne Chemie Unkraut in Dessau: Die Stadtpflegebetrieb setzt Dampf statt Chemie ein

Dessau-Roßlau - Es ist manchem Dessauer nicht geheuer, wenn der Dampf aus den Düsen den Straßenrand trifft. Michael Klein weiß, dass sich manche das Revers ihrer Jacke schützend vor die Nase legen.
In solchen Situationen kann der Mitarbeiter des Stadtpflegebetriebes beruhigen. Was da rauskommt, ist nur Wasserdampf. Wirklich? Wirklich!
Unkrautbekämpfung mit Wasserdampf
Der Stadtpflegebetrieb rückt dem Unkraut an Straßenrändern und zwischen den Fugen von befestigten Wegen neuerdings mit Wasserdampf zu Leibe. Und das erst einmal noch mit mäßigem Erfolg, sagt Bauhofleiter Ralf Blumstein.
Die Sommerregen in diesem Jahr lassen die Mitarbeiter des Pflegebetriebes fast verzweifeln. Denn das Unkraut wächst und wächst und wächst. Und der Maschine, die seit August letzten Jahres helfen soll, dass die Stadt ein bisschen gepflegter aussieht, wird nachgesagt, dass sie im ersten Jahr das Unkraut zwar reduziert, es aber durch den Einsatz nicht verschwinden wird.
Insgesamt mehrere Jahre dauere es, um objektiv von einer Besserung der Situation sprechen zu können.
Handarbeit ist keine Option
Für den Eigenbetrieb soll das Gerät, das „Hans Dampf“ oder „Bockwurschtkessel“ genannt wird, eine Erleichterung sein. Mit der Hand an den vielen Stellen der Stadt Unkraut zu zupfen ist schier aussichtslos.
Dafür, sagt Blumstein, gibt es viel zu wenig Mitarbeiter. Das sei einfach nicht leistbar und bezahlbar. „Wir haben Bürsten ausprobiert, mit mäßigem Erfolg und mit dem Effekt, dass die Fugen nach der mechanischen Behandlung meist noch mehr Platz für Unkraut bieten.“
Auch Freischneider brachten nicht den gewünschten Erfolg - zumal ihr Einsatz auf öffentlichen Straßen und Wegen aus Sicherheitsgründen u.a. wegen Steinschlaggefahr begrenzt ist.
Herbizide seit 1997 verboten
Der Einsatz von Herbiziden, erinnert Blumstein, ist zwischen Pflastersteinen und an Straßenrändern, konkret für Unternehmen wie den Stadtpflegebetrieb seit 1997 verboten. Der Bauhofleiter des Stadtpflegebetriebs spricht von einem Teufelskreis. Mit Hilfe von „Hans Dampf“ hofft man in Dessau, den gordischen Knoten zerschlagen zu können.
Bei der Suche nach alternativen Möglichkeiten zur Unkrautbekämpfung war das Unternehmen auf ein Verfahren gestoßen, dass vor allem in Holland und dort seit etwa 20 Jahren angewandt wird.
95 Grad heißes Wasser
Viele holländische Kommunen setzten auf Wasserdampf. Bei der sogenannten Wave-Methode werden die unerwünschten Kräuter mit 95 Grad heißem Wasser bekämpft, das in einem Tank im Heck des Fahrzeugs mit Dieselkraftstoff erhitzt wird. Der Dampf zerstöre die Zellstruktur des Unkrauts. Die oberirdischen Teile sterben ab.
Mit jeder weiteren Behandlung würden die Wurzeln geschwächt. Vorausgesetzt, die verunkrauteten Flächen werden regelmäßig behandelt. In Dessau-Roßlau geschieht das im Schnitt zweimal monatlich auf ausgewählten Straßen und Plätzen.
Mit der Wave-Methode dauere es rund eine Stunde, um mit 1.000 Liter Heißwasser zwischen 400 bis 500 Meter Bordstein zu bearbeiten.
Kein schneller Erfolg
Blumstein zeigt Bilder, die in anderen Kommunen dokumentiert wurden und weiß: Nur die regelmäßige Anwendung verhilft zum Erfolg.
Eine schnelle Unkrautbekämpfung ist das nicht. Doch laut Umweltbundesamt eine umweltfreundliche Methode. In Dessau-Roßlau wird die Wave-Methode vor allem auf Plätzen eingesetzt. In der Kavalierstraße machte der Grünbelag zwischen dem Altstadtpflaster auf den Gehsteigen schwer zu schaffen. „Wir konnten den Bewuchs sichtbar eindämmen.“
Eine teure Investition
Billig ist die Wave-Methode allerdings nicht. In das Aufsatzgerät wurden 63.000 Euro investiert. Sollte es sich als effektiv erweisen, hält Blumstein es möglich, dass weitere Geräte angeschafft werden.
Solange will das Friedhofswesen in Dessau allerdings nicht warten. In diesem Jahr sorgen Helfer auf ALG II-Basis dafür, um den schlimmsten Bewuchs auf Wegen zu Leibe zu rücken, weiß Heidrun Willfeld, Leiterin der Friedhofsverwaltung Dessau-Roßlau.
Und räumt an „Stellen, die für Bürger schwer zugänglich sind“, den Einsatz von Unkrautbekämpfungsmitteln ein. Da wiederum sind sie erlaubt. Der Gesetzgeber gestattet deren Einsatz auf allen land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen.
„Wir sind gegen den Einsatz von Chemikalien, um Unkraut zu bekämpfen“, sagt Willfeld. Weshalb das Friedhofswesen auf den Bauhof setzt und hofft, dass „Hans Dampf“ bald auch auf kommunalen Friedhöfen eingesetzt werden kann. (mz)
