Geringer Fischbestand Umwelt- und Naturschutz : Wie geht es der Rossel bei Rosslau? - Experten sind sich uneins

Rosslau - Wie ist es um die Rossel bestellt? Es gibt Kritik, unterschiedliche Meinungen, Messungen und Einschätzungen. Das am Flämingrand entspringende und in Dessau-Roßlau in die Elbe mündende kleine Fließgewässer schlägt bis in den Landtag Sachsen-Anhalts hinauf Wogen.
Es geht um die Umsetzung des Gewässerentwicklungskonzeptes (GEK) Rossel. Abgeordnete der Fraktion Die Linke hatten in einer Anfrage an die Landesregierung auf einen sich in jüngerer Zeit deutlich verschlechternden Zustand des Fließgewässers hingewiesen, nach Ursachen und Gegenmaßnahmen gefragt.
Die Regierung hat jetzt schriftlich geantwortet. Ob sich die Wogen nun glätten, ist offen.
Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal finden keine Fische in der Rossel
Im Mündungsgebiet macht die Rossel auf die Menschen, Beobachter und Spaziergänger rein optisch einen intakten Eindruck. Die Wiesen ergrünen, an der Böschung beginnt es zu blühen und Alteingesessene kennen die Plätze genau, an denen laut Anglerlatein „die Forellen stehen“.
Regelmäßig aber steigen auch Wissenschaftler oder Behördenmitarbeiter mit Wathosen und Ausrüstung in die Rossel, um deren Qualität bei zahlreichen Komponenten zu kontrollieren. So hatten im Juli 2017 Gewässerökologen vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) der Rossel bei Roßlau gute Wasserqualität und Artenreichtum bei Kleinstlebewesen bescheinigt.
Zu einem alarmierenden Ergebnis indes war die Hochschule Magdeburg-Stendal bei einer Untersuchung im Spätsommer 2016 gekommen. Deren Befunde liegen der kritischen Anfrage der Landtagsabgeordneten Hendrik Lange und Kerstin Eisenreich (beide Die Linke) zugrunde. So hätte bei einer genehmigten Elektrobefischung über Hunderte Meter Fließstrecke keinerlei Fischfauna nachgewiesen werden können.
Landesregierung bewertet Fischbestand in der Rossel als „unbefriedigend“
Auch die Landesregierung bewertet in ihrer schriftlichen Antwort auf die so genannte Kleine Anfrage den Fischbestand in der Rossel gleichermaßen als „unbefriedigend“. Macht allerdings eine Tendenz zu „mäßig“ aus.
Bei Befischungen durch Landesämter und Sachverständigungsbüros seien mehrere Fischarten in teils hohen Stückzahlen ermittelt worden. Das Befischungsergebnis der Fachhochschule Magdeburg-Stendal - vorgenommen bei Thießen in Höhe Kupferhammer - könne nicht nachvollzogen werden, heißt es.
Linke-Politiker Hendrik Lange: widersprüchliche Ergebnisse „sehr erstaunlich“
Den Widerspruch bei den Ergebnissen offizieller und wissenschaftlicher Befischungen nennt Anfragesteller Lange „sehr erstaunlich“ und die Antwort der Landesregierung „insgesamt sehr dünn. Wir müssen dem noch einmal nachgehen“, so der Landtagsabgeordnete aus Halle. Bei den Gesprächen sollen auch Vertreter der Hochschule mit an den Tisch geholt werden.
Neben dem Fischbestand interessieren die Fragesteller auch die Vorhaben zum Gewässerentwicklungskonzept insgesamt. „Die Rossel kam bis in die 1990er Jahre einem guten ökologischen Zustand sehr nah und als eines der ersten Fließgewässer im Land überhaupt in ein Gewässerentwicklungskonzept“, sagt Lange.
In Dessau sind drei Bauwerke im Gewässerentwicklungskonzept unter „hohe Priorität“ eingeordnet
Im GEK Rossel aufgeführt sind aktuell 24 Maßnahmen an Bauwerken und 29 Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes in der freien Landschaft. Von diesem Maßnahmepaket sind inzwischen acht punktuelle und neun lineare Einzelmaßnahmen planungsseitig untersetzt - mit Projektskizzen bis hin zu Variantenuntersuchungen und Kostenschätzungen.
Im Stadtgebiet Dessau-Roßlau sind dabei das Wehr Meinsdorf, die Sohlgleite Waldstraße zur Bekämpfung der Tiefenerosion und der Staukopf im Streetzer Hauptgraben unter „hohe Priorität“ eingeordnet.
Sind Biber-Ansiedlung und Eisenschlämme verantwortlich für die Probleme der Rossel?
Aus Sicht des Landesbetriebes machen derzeit die Eisenocker-, Sand- und Nährstoffeinträge in das Gewässersystem Rossel die größten Sorgen. Da wirkten laut Landesbetrieb die Meliorationsmaßnahmen der 70er und 80er Jahre bis heute nach. Aus den Gräben erfolgt noch immer ein permanent hoher Eiseneintrag in das Hauptgewässer Rossel.
So werden Steine, Kies oder Totholz und Wurzeln mit Eisenschlämmen überzogen und gehen als Lebensraum für Kleinlebewesen verloren. Ein weiteres Problem sind die Biber-Ansiedlungen am gesamten Rossellauf. Einerseits sinkt durch die Staudämme die Fließgeschwindigkeit, andererseits sterben Ufergehölze ab durch ständige Überstauung, heißt es beim LHW. (mz)