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Nach zehn Jahren zum ersten Mal Titanwurz aus Sumatra: Exotische Pflanze treibt in Dessau-Kühnau erste Blüte

Von Silvia Bürkmann 25.05.2017, 07:00
Hans-Jürgen Messing hält die Nase auf Sicherheitsabstand - richtiger Duft schnuppert anders.
Hans-Jürgen Messing hält die Nase auf Sicherheitsabstand - richtiger Duft schnuppert anders. Sebastian

Dessau - Zehn Jahre hat er sich geziert und Zeit gelassen für eine erste Blüte. Jetzt hat sich der Titanwurz im Hof des Kühnauer Hobbygärtners Hans-Jürgen Messing erstmals entfaltet. Ein höchst seltenes Schauspiel. In Dessau-Roßlau blüht also die von Botanikern als „größte Blume der Welt“ beschriebene exotische Pflanze.

Die Pflege der aus dem indonesischen Sumatra stammenden Pflanze nennen Experten eine ultimative Herausforderung für ambitionierte Gärtner. Hans-Jürgen Messing indes hat seinem Titanwurz nie übermäßig große Aufmerksamkeit gewidmet und den Anlass längst vergessen, als er die rätselhafte Knolle von Bekannten geschenkt bekam.

Im Sommer ein sonniger Standort in dem langgestreckten Hausgarten, regelmäßige Gabe von Wasser und Nährstoffen im Dünger. Ein trockener Winterruheplatz im Keller reichte zum Überleben der Knolle. Die dankte es mit stetem Wachstum: Am Anfang von der Größe eines Kohlrabi, hat die Knolle jetzt den Umfang eines Basketballs erreicht. Und das Gewicht von mehreren Metallkugeln beim Kugelstoß. Den mit Erde und Gewächs befüllten, kniehohen Pflanztopf - obwohl aus Kunststoff - können nur zwei starke Männer oder eine stabile Sackkarre von der Stelle bewegen.

Pflanze verstömt Geruch von Aas und Verwesung

Nach einem unspektakulären Dasein über zehn Jahre, erblickten Hans-Jürgen Messing und Ehefrau Brigitte Ende März 2017 im Topf plötzlich ein einzelnes, aufstrebendes Blatt. Fingerspannengroß umhüllt das Blatt einen einzelnen Kolben und wächst mit dem gemeinsam in die Höhe. Auf 1,50 Meter hatte es die exotische Pflanze Mitte voriger Woche gebracht, als sich das Hüllblatt öffnete und wie in einem Kelch den Blütenstand freigab.

Nur kurze Zeit dauert die Blüte. Und verströmt den für Aronstabgewächse typischen Geruch nach Aas und Verwesung. Diese besondere „Würze“ beflügelt das Liebesleben der Pflanze, lockt Aaskäfer zur Eiablage an. War der Käfer zuvor bei einem anderen „Stinker“ wird die Titanwurz-Blüte bestäubt. Wenn nicht, verwelkt sie und stirbt ab. Danach ruht die Pflanze wieder mehrere Jahre, bis sie erneut ein einsames Laubblatt treibt.

Im Westeuropa wurde die spektakuläre Erscheinung der Flora durch den Florentiner Botaniker Odoardo Beccari bekannt, der ein blühendes Exemplar 1878 während einer Expedition auf Sumatra entdeckte. Aus mitgebrachten und an die Royal Botanic Gardens in Kew, London gesandten Samen entwickelte sich elf Jahre nach der Entdeckung erstmals außerhalb der tropischen Heimat eine Blüte.

In Deutschland ist der exotische Titanwurz inzwischen in 14 Botanischen Gärten zu finden, im Osten einzig in Berlin, Leipzig und in den Gruson-Gewächshäusern in Magdeburg.

Hans-Jürgen Messing: Einmal Gärtner, immer Gärtner

Der Garten von Messing bleibt im klassischen Mix von Zier- und Nutzgarten. Hier blühen in voller Pracht die Rhododendron und Rosen, rankt sich die Kletterhortensie am Spalier empor, haben die Pfingstrosen dicke Knospen angesetzt. Was der aus Ziesar stammende Hobbygärtner gelernt hat? „Dreimal dürfen Sie raten! Gärtner natürlich.“ (mz)

Die Titanwurz (lat. Amorphophallus titanum) ist eine auf Sumatra heimische Pflanzenart und gehört zur Familie der Aronstabgewächse. Selbst in ihrer Heimat ist sie selten. Sie bringt den größten unverzweigten Blütenstand im Pflanzenreich hervor. Markant ist ihr übler Geruch nach Aas.

Die einzige Blüte der Titanwurz wird zwei Meter und höher und von einem tiefroten Hochblatt umhüllt. Erst wenn die unterirdische Knolle ein Gewicht von 20 Kilo überschreitet, besteht die Chance, dass die Amorphophallus titanum blüht.