Theater Theater: Kapfhammer singt Verdis Requiem

dessau/MZ - Wo Rita Kapfhammer zu Hause ist, da will man eigentlich gar nicht weg. Die Wiesen sind grün, die Berge hoch und die Luft ist klar. Viele Menschen machen Urlaub in Bad Heilbrunn, wenige Kilometer südlich vom Starnberger See. Der 3 700-Seelen-Ort ist Heimat für Rita Kapfhammer und ihre Familie – und doch ist die Mezzosopranistin seit gut einem Jahr auch festes Ensemblemitglied am Anhaltischen Theater.
Die blonde Sängerin mit dem sympathischen bayerischen Akzent und der samtig-gewaltigen Stimme ist aus der Musikstadt Dessau inzwischen kaum noch wegzudenken. Die Waltraute in Wagners „Götterdämmerung“ hat sie gesungen, die Amneris in Verdis „Aida“ und die Rolle der Parseis in Massenets „Esclarmonde“. Am kommenden Sonntag, dem Ewigkeits- oder auch Totensonntag, wird sie gemeinsam mit Angelina Ruzzafante (Sopran), Francisco Almanza (Tenor) und Ulf Paulsen (Bass) sowie dem halleschen Universitätschor und der Anhaltischen Philharmonie unter Leitung von Generalmusikdirektor Antony Hermus Giuseppe Verdis „Messa da Requiem“ aufführen.
Musikalische Beziehung
Verdi stand für Rita Kapfhammer übrigens auch am Anfang ihrer musikalischen Beziehung zu Dessau: 2010 sang sie als Gast die große Partie der Ulrika in Verdis „Maskenball“ und sah sich kurz darauf mit einer gar nicht so einfachen Anfrage von Antony Hermus konfrontiert: „Wollen Sie zu uns kommen?“ Ihr Engagement am Münchner Gärtnerplatztheater war durch einen Intendantenwechsel gerade zu Ende gegangen, die Dessauer Wagner-Pläne versprachen große Aufgaben und die Atmosphäre am Anhaltischen Theater war bestens. „Trotzdem habe ich lange überlegt“, sagt Rita Kapfhammer, „denn ich bin ein Familienmensch und liebe mein Zuhause“. Nicht nur ihr Mann und ihr 18-jähriger Sohn leben in Bad Heilbrunn, auch zahlreiche Verwandte – viele von ihnen begeisterte Laienmusiker - sind in Rufweite. Doch das Angebot aus Dessau war, trotz einer Wegstrecke von über fünf Stunden, überzeugend genug, um wochenweise, vor großen Aufführungen auch für längere Zeit, die Heimstatt nach Anhalt zu verlegen.
Einzigartige Verbindung
Was nicht bedeutet, dass Rita Kapfhammer sonstige musikalische Aktivitäten niedergelegt hätte: Mehrfach hat sie beim Festival „Música Mallorca“ gastiert, regelmäßig singt sie in sinfonischen Aufführungen und Kirchenkonzerten. Verdis Requiem hat sie in den vergangenen Wochen bereits in Meiningen, Schweinfurt und am Tegernsee aufgeführt. Das 1874 uraufgeführte Spätwerk jagt ihr stets aufs Neue Schauer über den Rücken. „Verdi ist hier etwas ganz Großes gelungen, eine einzigartige Verbindung von Oper und Kirchenmusik.“ Wofür sie dem italienischen Komponisten besonders dankbar ist: „Hier ist die tiefere weibliche Solopartie genauso wichtig wie die Sopranstimme.“
Oper und Kirchenmusik – beides liebt die gläubige Katholikin Rita Kapfhammer. „Ich stehe gerne auf der Bühne und versuche, eine Figur glaubhaft zu spielen. Zugleich sollen die Zuhörer bei jedem Text merken, worum es da eigentlich geht.“ Dass sie einmal Opern singen würde, hat die gelernte Hotelfachfrau lange Zeit nicht für möglich gehalten. Sie war schon 22, als ein Stimmbildner sie im Kirchenchor entdeckte und so lange drängte, bis sie sich zur Aufnahmeprüfung an der Münchner Musikhochschule anmeldete. Natürlich wurde sie genommen, „vielleicht, weil ich kaum damit rechnete und ganz locker war“.
Ausflüge ins Wagner-Fach
Das Studium absolvierte sie eher nebenbei, „denn ich musste ja auch arbeiten“, und schaffte es trotzdem schnell als festes Ensemblemitglied an das Theater Ulm, später nach München. In Dessau freut sie sich auf weitere Ausflüge ins Wagner-Fach, „das ist oft die Sahnelage für meine Stimme“, etwa als Fricka in der bevor stehenden „Walküre“. Mit einiger Erwartung blickt Rita Kapfhammer auch der Rolle der Fürstin in Emmerich Kálmáns „Zirkusprinzessin“ (die Premiere ist am 18. Januar 2014) entgegen. Satt hat sie hingegen, wie all ihre Kollegen, das Theater um die geplanten Sparmaßnahmen des Landes: „Wie hier mit Kultur und mit uns umgegangen wird, das ist einfach nur gefährlich.“