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„Das Geld ist hier an der richtigen Stelle“ Telefonseelsorge Dessau freut sich über Spende

Der Dessauer Rotary Club übergibt Spende von 2.000 Euro an Telefonseelsorge. Mit 12.000 Anrufen im Jahr ist das Aufkommen weiter gestiegen.

Von Sylke Kaufhold 21.11.2021, 16:00
Einen Spendenscheck für die Telefonseelsorge Dessau übergab Rotarier Dr. Uwe Mathony (re.) an Andreas Krov-Raak.
Einen Spendenscheck für die Telefonseelsorge Dessau übergab Rotarier Dr. Uwe Mathony (re.) an Andreas Krov-Raak. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ - Was Dr. Uwe Mathony an diesem Nachmittag über die Arbeit der Telefonseelsorge erfährt, lässt ihn staunen. „Ich hätte mir nie vorgestellt, dass die Arbeit so intensiv ist“, erklärt der Kinderarzt und Mitglied des Rotary-Clubs Dessau. Knapp 12.000 Anrufe nahmen die Ehrenamtlichen von September vorigen Jahres bis August entgegen. Rund 9.000 davon waren echte Seelsorge- und Beratungsgespräche. Was eine Zunahme von rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Ausbildungskurs beendet

Mathony war in seiner Eigenschaft als Mitglied der Rotarier in dieser Woche zu Gast bei Andreas Krov-Raak, dem Geschäftsstellenleiter der Telefonseelsorge Dessau gewesen um einen Spendenscheck zu übergeben. Die 2.000 Euro sind vor allem Spenden von Familien der im vergangenen Jahr verstorbenen Rotarier. „Es war ihr Wunsch, dass das Geld den Menschen hier vor Ort zugute kommt“, erklärt Uwe Mathony. Ausgewählt wurde neben der Telefonseelsorge auch das Hospiz. „Das Geld ist hier an der richtigen Stelle“, konstatiert Mathony nach dem Gehörten. „Es ist eine wichtige Arbeit, die hier geleistet wird und die man nicht hoch genug würdigen kann.“

Verwendet wird die Spende für die Finanzierung der Aus- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen, berichtet Andreas Krov-Raak. Denn hierfür sowie die technische Ausstattung reiche die Grundfinanzierung nicht aus. „Deshalb freuen wir uns über solche Unterstützung sehr.“ Mitte November haben sieben Teilnehmer ihre Ausbildung beendet. Ihr Kurs hatte zum Jahresanfang begonnen, zunächst komplett virtuell, im September fand dann das erste Präsenztreffen statt. Es war der erste Ausbildungskurs seit 2018.

„Deshalb sind wir sehr froh, dass wir jetzt wieder Verstärkung in den Reihen der Ehrenamtlichen haben“, so Krov-Raak. Denn mit den zurzeit rund 65 Ehrenamtlichen sei die Decke arg dünn. „Um verlässlich 24 Stunden an sieben Tagen die Woche gut abdecken zu können, bräuchten wir zwischen 70 und 90 Ehrenamtliche“, weiß der Geschäftsstellenleiter. Den Gesprächsbedarf der Menschen könne man derzeit nicht abdecken. „Während wir ein Gespräch führen, gibt es laut Telekomerhebung bis zu sieben Gesprächsversuche“.

Die größte Gruppe der Ratsuchenden stellten mit knapp 70 Prozent die Singles. „Einsamkeit ist der Hauptschwerpunkt unserer Gespräche, der wird durch die Corona-Pandemie verstärkt“, sagt Krov-Raak. Auch Konflikte in familiären Beziehungen spielten eine große Rolle bei den Gesprächen. Corona selbst sei selten ein Thema, berichtet Krov-Raak. Die Auswirkungen aber durchaus. Immer mehr Anrufer leiden an psychischen Erkrankungen wie Depressionen. Bei etwa einem Drittel von ihnen liegt eine Diagnose vor.

„Das psychische Befinden spielt demzufolge eine immense Rolle in den Gesprächen“. Das sei für die Ehrenamtlichen eine besondere Herausforderung, auf die sie mit gezielten Weiterbildungsangeboten und Supervisionen reagierten. Zunehmend wenden sich die Betroffenen auf ausdrücklichen Rat ihrer behandelnden Ärzte an die Telefonseelsorge, so Krov-Raak. „Wir sind rund um die Uhr erreichbar, ein Arzt nicht“.

70 Prozent rufen mehrfach an

Der Telefonseelsorge kommt vor diesem Hintergrund auch eine große Bedeutung bei der Suizid-Prävention zu. Aufgrund der Anonymität spricht eine relative hohe Zahl von Menschen über derartige Gedanken. 803 waren es im Berichtszeitraum bei der Telefonseelsorge Dessau. Das sind 24 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Mehr als 70 Prozent der Anrufer tun dies mehrfach. Die meisten von ihnen leben allein. „Das zeigt, dass die Gespräche als hilfreich erlebt werden. Wir hören zu, zu jeder Tages- und Nachtzeit und egal wie lange.“ Die Anrufe kommen von Frauen und Männern jeden Alters und aus allen sozialen Schichten.

Die Telefonseelsorge ist unter Tel.: 0800/1 11 01 11 erreichbar.