«Tagesstätte für seelisch Behinderte» «Tagesstätte für seelisch Behinderte»: Anlaufpunkt für chronisch Kranke
Bernburg/MZ. - Wertschätzung und gegenseitige Akzeptanz sind Prinzipien, die in der "Tagesstätte für seelische Behinderte" gepflegt werden sollen. In der Gruppe, die von der Diakonie getragen wird, treffen sich Männer und Frauen, deren psychische Erkrankung chronisch geworden ist.
Dahinter verbergen sich verschiedene Krankheitsbilder, die meist mit vorherigen klinischen Aufenthalten verbunden sind. "Die Seele macht nicht mehr so mit, wie der Einzelne das vorher von sich kannte", sagt Angelika Brien, die Leiterin der Beratungsstellen.
Für den Betroffenen ist eine seelische Erkrankung anders als ein körperliches Leid, weil die Kontakte zu den Mitmenschen eingeschränkt sind. Die gesamte Lebensführung erfährt einen tiefen Einschnitt.
An den Werktagen verbringen die seelisch Behinderten jeweils sechs Stunden gemeinsam in der Tagesstätte. Voraussetzung für den Besuch ist die so genannte "Grundanerkenntnis". Sie wird vom Amtsarzt oder einem von ihm beauftragten Gutachter bestätigt.
Neu ist seit Mitte des vergangenen Jahres, dass für die Finanzierung das eigene Einkommen und auch eigene Ersparnisse nicht mehr heran gezogen werden, wenn die Grundanerkenntnis ausgesprochen ist. Einen offenen Zugang in diese Gruppe wie bei einer Selbsthilfegruppe gibt es jedoch nicht.
Die Mitarbeiterinnen der Tagesstätte kennen persönliche Schicksale. Da ist die 35-jährige Frau, die bereits mehrere Krankenhausaufenthalte hinter sich hat. Sie lebt inzwischen allein. Ihren anspruchsvollen Beruf hat sie längst aufgeben müssen. "Nicht einmal kochen kann ich mehr", sagt sie immer wieder.
Durch viele Gespräche, durch Ermutigung und Übung hat diese Frau in der Gruppe wieder Dinge gelernt, die sie längst vergessen geglaubt hatte, unter anderem auch das Kochen. Die Familie, die sie ansonsten an Wochenenden mit Essen versorgt hatte, zeigte sich ganz erstaunt, als sie eines Tages selbst zum Essen eingeladen wurde. Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus schien das noch nicht denkbar.
"Solche Beispiele gibt es viele", berichtet Frau Brien. Nach den Erfahrungen ihrer Mitarbeiterinnen wächst Selbstvertrauen auf vielen Wegen. Handwerkliche und kunsthandwerkliche Beschäftigungen, Gedächtnis- und Konzentrationstraining zählt ebenso dazu wie Einkaufen, Kochen oder Backen. Auch die Freizeitgestaltung gehört dazu, um den Alltag zu durchbrechen.
Das Wesentlichste aber ist die Gemeinschaft mit anderen, denen es ähnlich geht. Das geht nicht konfliktfrei ab, ist aber ein gutes Übungsfeld, um die Beziehungen zu anderen Menschen neu zu gestalten.
"Tagesstätte für seelisch Behinderte", Altstädter Kirchhof 10, 06406 Bernburg, Telefon (03471) 35 20 37 oder 64 06 66.