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Knapp 100-jährige Geschichte Störche im Blick: Vogelschutzwarten in Steckby und Loburg wollen zusammenarbeiten

Die staatliche Vogelschutzwarte Steckby bei Zerbst gehört zu den ältesten Naturschutzeinrichtungen Deutschlands. Storchenhof und Vogelschutzwarte Loburg wurde 1979 von Enthusiasten gegründet und von Verein geführt.

Von Silvia Bürkmann 20.03.2022, 12:00
Der Nestbau auf den Horsten im  Storchenhof Loburg hat bereits eingesetzt.
Der Nestbau auf den Horsten im Storchenhof Loburg hat bereits eingesetzt. (Foto: Michael Kaatz /Storchenhof)

Steckby/Loburg/MZ - Auf kürzester Strecke liegen 30 Kilometer Landstraße zwischen Steckby im Zerbster Land (Landkreis Anhalt- Bitterfeld) und Loburg im Vorfläming (Landkreis Jerichower Land) und sind bei normaler Verkehrslage in gut 30 Minuten zu schaffen. Über Stadt- und Kreisgrenzen hinweg verbindet beide Orte eine Besonderheit: Hier sind in Sachsen-Anhalt auf kürzester Entfernung zwei anerkannte, aktive und beliebte Vogelschutzwarten zu finden. Die Staatliche Vogelschutzwarte Steckby sowie die Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg in Vereinsträgerschaft.

Steckby: Monitoring, Beringung und Information zum Vogelschutz von Amts wegen

Die staatliche Vogelschutzwarte Steckby bei Zerbst gehört zu den ältesten Naturschutzeinrichtungen Deutschlands. Sie wurde 1920 gegründet und im Februar 1932 zur „Staatlich anerkannten Muster- und Versuchsstation für Vogelschutz“ ernannt. Heute ist die Einrichtung 90 Jahre anerkannt und Teil des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Lau), sagt Ines Wahl vom in Halle ansässigen Landesamt.

Stefan Fischer von der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby.
Stefan Fischer von der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby.
(Foto: R. Fonger)

Neben der Bestandserfassung der Vogelarten im Land zählen die Entwicklung von Schutzstrategien für gefährdete Arten, die wissenschaftliche Vogelberingung mit Monitoring, die internationalen Berichte sowie die Information von Behörden und Bürgern zum Vogelschutz zu den Aufgaben der Vogelschutzwarte, informiert das Landesamt. Außerdem unterstützt die Staatliche Vogelschutzwarte mit naturschutzfachlichem Expertise die Schutz- und Wiederansiedlungsprojekte für gefährdete Arten.

In der Vogelschutzwarte Steckby arbeiten vier angestellte Mitarbeiter. Sie werden bei der regelmäßigen Bestandserfassung und Vogelberingung unterstützt von etwa 400 ehrenamtlichen Vogelbeobachtern. Das Jubiläumsjahr 2022 mit einem 90. Geburtstag ist verstreichen ohne eine öffentliche Feier. In Abhängigkeit von der pandemischen Entwicklung plant das Landesamt für Umweltschutz daher für den September einen „Tag der offenen Tür“ in der Vogelschutzwarte Steckby für alle ehrenamtlichen Helfer und Interessierten.

Storchenhof Loburg samelt seit über 40 Jahren Enthusiasten um sich

Der Storchenhof Loburg in der weiteren Nachbarschaft war 1979 auf Initiative von Christoph Kaatz als ehrenamtliche Einrichtung begründet und 1988 in eine staatliche Einrichtung überführt worden. Die Arbeitsschwerpunkte hier lagen vor allem im Weißstorchschutz. Nach der politischen Wende in Ostdeutschland ab 1990 war der Storchenhof, neben dem Landesamt Lau und der Vogelschutzwarten Steckby als Fachbehörde, sogar direkt dem Umweltministerium unterstellt.

Vom 2001 bis 2005 war der Storchenhof Teil der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby und damit in ein Landesamt eingegliedert. Seit dieser Zeit lieferte der Storchenhof neue Erkenntnisse über die wissenschaftliche Vogelberingung und den Zug von Weißstörchen mittels Satellitentelemetrie. 2006 ist der Hof in Vereinsträgerschaft übergegangen und firmiert seither unter dem Namen Storchenhof Vogelschutzwarte Loburg e.V. Vereinsvorsitzender blieb über mehr als ein Jahrzehnt Christoph Kaatz, die Geschäftsführung liegt in den Händen seines Sohnes Michael Kaatz.

Der Storchenhof aber wird weiterhin mit Landesmitteln unterstützt und gefördert. Auch die Zusammenarbeit mit der Staatlichen Vogelschutzwarte Steckby besteht weiterhin. Außerdem erhält der Storchenhof die notwendigen naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen aus Steckby für die Markierung von Weißstörchen.

Spannende Geschichten vom Hof mit tierischen Akteuren

Unter diesen hat „Prinzesschen“ eine geradezu legendäre Geschichte geschrieben. Die Störchin war als so genannte „Ostzieherin“ alljährlich auf dem weiten Landweg zum Winterlager nach Afrika unterwegs. Ihre Rückkehr nach Loburg wurde in jedem Jahr sehnlich erwartet, sorgte die Weitgereiste doch neben dem wissenschaftliche Erkenntnisgewinn auch für beste Öffentlichkeitsarbeit bei mancherlei Streit um den Nistplatz und Brutpartner.

Diese „Publicity“ hat dem Vogelschutz in Sachsen-Anhalt einen Aufschwung beschert. 2004 gar würdigte die Deutsche Post in der Serie „Bedrohte Tierarten“ Prinzesschen mit einer 55-Cent-Briefmarke. Das über einen Zeitraum von 16 Jahren beobachtete und dokumentierte Storchenleben der Weltenbummlerin endete 2006. Im Dezember konnte ihr Sender nicht mehr geortet werden. Im Januar 2007 erhielt Storchenhof-Geschäftsführer Kaatz eine E-Mail aus Südafrika. Ein Farmer fand die besenderte Störchin leblos auf seinem Feld.

Erste Rückkehrer der Saison 2022 sind eingeflogen und machen sich an den Nestabau

Die Storchensaison 2022 indes ist jetzt wieder gestartet. Inzwischen sind wieder vier Störche in Loburg eingeflogen, sagte Michael Kaatz am Dienstag. Das sei jahreszeitlich erwartbar, wenn es sich hier um die „Westzieher“ handelt, die meist in Südfrankreich oder Spanien überwintern. Die vier Ankömmlinge haben sich bereits zu zwei Paaren zusammengefunden. In der Geschichte des Storchenhofes haben nach Kaatz' Erinnerung maximal fünf Brutpaare in einer Saison in ihren Horsten Junge aufgezogen.

Drei Störche der „Serie 2022“ sind im Hof jetzt schon namentlich bekannt, der vierte möglicherweise ein Neuling. Als erster Adebar flog Anton am 13. Februar ein, gefolgt von seiner langjährigen Partnerin Novi (19. Februar). Die zwei hatten im Vorjahr erfolgreich Junge aufgezogen und sich nun bereits wieder im Nest direkt am Loburger Ortseingang einquartiert.

Direkt im Storchenhof ist Storchenmann Manfred (Ankunft: 20. Februar) dabei, das Nest auf dem Wiesenhorst einzurichten. Im Vorjahr hatte er dort mit Gracia gebrütet. Diesmal aber umflattert er eine nicht beringte Störchin, die am 11. März eintraf. „Wenn jetzt irgendwann Gracia eintrudelt, könnte das durchaus Krach gebeben“, meint Kaatz.