St. Johannes Kirche Griebo St. Johannes Kirche Griebo: «Wiedersehen» nach stolzen 350 Jahren
Griebo/MZ. - Heute behaupte die schlichte romanische Schönheit ihre massive Geste als "Himmelsburg des göttlichen Kaisers" unter einem sanierten, barocken Mansarddach. "Anno 1653 am Tage Johannis Baptistae" sei wieder Gottesdienst in der sicher erst notdürftig reparierten Kirche gefeiert worden.
Am Sonntag wurde mit einem Festgottesdienst der 350. Jahrestag der Wiedereinweihung der Kirche begangen. Zu den steinernen Zeugen der Geschichte gesellte sich eine Geschichte aus Fleisch und Blut. Pfarrer Johann Siegfried, der die ersten Seiten des Kirchenbuches schrieb, hatte zusammen mit dem Dorfschulzen, Petrus Schulz, einem Gastwirt aus Klieken, 1676 den Taufstein gespendet.
Als sich der ehemalige Dessauer Bürgermeister Franz Siegfried auf den Spuren seiner Ahnen nach Griebo begab, mussten er und seine Frau den Kirchenschlüssel bei einer gewissen Familie Friedrich Schulze abholen. Da standen sich plötzlich und unerwartet die Nachfahren der Männer gegenüber, die seinerzeit - nach dem Dreißigjährigen Krieg - den Wiederaufbau des beinah wüsten Dorfes maßgeblich vorangetrieben hatten.
Heute lebt Friedrich Schulze noch immer in Griebo, aber nicht auf dem Schulzenhof. Sein Urgroßvater hatte einen älteren Bruder, der den Hof und damit das Amt erbte. Als der Grieboer Gutsherr sich während der Heuernte erfrischen wollte, ertrank er in der Elbe. So konnte der Urgroßvater dessen Hof erwerben, auf dem die Schulzes noch heute leben. "Pfarrer Siegfried und mein Ur...Urgroßvater waren mir stets Vorbilder", sagte Friedrich Schulze, der fast 30 Jahre Vorsitzender des Gemeindekirchenrats war.
Auch der Dessauer Jurist unterstrich die Vorbildwirkung: "So wie die Männer vor 350 Jahren angefangen haben, so muss es ja jetzt wieder losgehen", auch wenn das Verhältnis von Leid und Lethargie wahrlich ein anderes sei. Johann Siegfried studierte in seiner Geburtsstadt Wittenberg Theologie.
Als Pastor in Apollensdorf habe ihn die Coswiger Fürstin predigen hören und abgeworben. Über seine Antrittspredigt in der Coswiger Nicolaikirche waren die Amtsbrüder offenbar nicht erfreut: "Sein Superintendent scharrte unwillig mit den Füßen". Die köstliche Notiz hänge noch heute über den Schreibtischen der Nachfahren, die in drei weiteren Generationen Pfarrer in Anhalt waren und dann, ungebrochen bis heute, zur Juristerei wechselten.
Die Unmutsbekundung des Vorgesetzten könne, so Siegfried, mit der nahen Landesgrenze zu tun haben, die Lutheraner und Reformierte trennte. Mag der Superintendent auch mit den Füßen gescharrt haben, Johann Siegfried folgte ihm im Amt und wurde 1645 Archidiakon in Coswig, was der heutigen Stellung eines Kreisoberpfarrers oder Superintendenten entspricht. Ein Stück Geschichte hat in Griebo Gesichter bekommen. "Das ist ein Gag", sagte Siegfried lächelnd. "Wir wussten doch gar nichts voneinander."
Mögen Taufsteine heute meist geduldig stumm in Kirchen warten, manchmal versprühen sie eben auch jenseits der liturgischen Funktion ein Stück Lebendigkeit.