Spieletag im Schwabehaus Spieletag im Schwabehaus: Abtauchen ins Fantasiereich

dessau/MZ - „Kreuzberger Nächte sind lang. Erst fangen sie ganz langsam an, aber dann..“. Was die Gebrüder Blattschuss einst über einen Berliner Bezirk sangen, das ließe sich auch zu fast 100 Prozent auf den Dessauer Spieletag im Schwabehaus übertragen. Zu Beginn, so gegen 14 Uhr, ist es am Sonnabend noch ruhig in der Schwabestube. Nur die ganz Eifrigen haben sich schon aus der großen Auswahl an Brett- und Gesellschaftsspielen ihre Favoriten ausgesucht, um sich ganz langsam auf Betriebstemperatur zu spielen.
Es versprach auch diesmal wieder ein langer Nachmittag, Abend und eine lange Nacht zu werden, wie schon die Jahre zuvor. „Vor nachts halb drei haben wir noch nie das Licht ausgemacht“, resümiert Wolfram Pechtold, der zusammen mit seiner Frau Beatrice den Dessauer Spieletag vor zehn Jahren initiierte. Jetzt am Sonnabend feierte man gleich drei Jubiläen auf einen Streich. Zehn Jahre Dessauer Spieletag, der auch den Namen Spielenacht mehr als verdient hätte. 15 Jahre die Dessauer Spielekiste und damit 15 Jahre Spieleneuheiten zum Ausprobieren in geselliger Runde.
Spielkiste kommt aus Wiesbaden
Der Spielevirus hat Beatrice Pechtold schon in frühester Kindheit erwischt. „Erst waren es hauptsächlich Würfel- und Kartenspiele. Später dann, als ich meinen Mann kennenlernte, habe ich auch dessen Faible für Brett- und Gesellschaftsspiele für mich entdeckt“, erinnert sie sich. Die Spielebiographie ihres Mannes liest sich ähnlich. „Meine Familie war schon immer von Spielen begeistert. Wir haben zu Hause viel gespielt.“
Irgendwann bekam er die Zeitschrift „Spielebox“ in die Hand und informierte sich über Entwicklungen auf dem Markt. Dabei stieß er vor 25 Jahren auf eine Anzeige, in der ein offener Kreis in Wiesbaden Mitstreiter bei Brett- und Gesellschaftsspielen suchte. Bis zum Umzug von der Rhein-Main-Region nach Dessau Ende der 1990er Jahre spielten Pechtolds regelmäßig in Spielekreisen in Mainz und Wiesbaden. „Da es das in der neuen Heimat noch nicht gab, haben wir es hier aus der Taufe gehoben“, sagt Beatrice Pechtold.
Teilnehmer vergessen die Zeit
Die Dessauer Spielekiste war geboren. Seit dem Frühjahr 1999 treffen sich im Schnitt bis zu 12 Mitspieler alle 14 Tage zum spielerischen Schlagabtausch. Seit 2004 ist die Schwabestube Anlaufpunkt für den jährlichen Spieletag. Pechtolds und Mitstreiter des Spieletreffs der Villa Krötenhof bringen eine große Auswahl an Spielen mit. Zufällig, erzählt eine Besucherin, sei sie durch die Hinweise an den Fenstern der Schwabestube auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. Aus der geplanten Viertelstunde, die sie nur eben mal reinschnuppern wollte, sind dann handfeste 45 Minuten geworden. Bei „Qwixx“, einem Spiel, welches Taktik und Würfelglück kombiniert, hatte die Besucherin die Zeit vergessen.
„Das haben wir auf der Spielemesse in Essen im letzten Jahr entdeckt“, erzählt Beatrice Pechtold. „Die Regeln sind eigentlich schnell erklärt oder ergeben sich im Laufe des Spielflusses“, schwärmt die Spiele-Expertin. Sogar zur interkulturellen Verständigung mit einer Studentin aus Simbabwe, die das regelmäßige Treffen der Dessauer Spielekiste besucht, aber noch recht wenig Deutsch spricht, habe das Spiel beigetragen, schwärmt sie.
An anderen Tischen wurden derweil mit „Kingdom Builder“, dem Spiel des Jahres 2012, auf dem Spielbrett Königreiche hochgezogen oder an einem Nachbartisch mit „Yggdrasil“, die kosmische Esche, die neun Welten beherbergt, mit der Kraft der Götter verteidigt und dem Bösen entgegengetreten. „Das Tolle an diesem Spiel ist das Kooperative, wo man gemeinsam verliert oder gewinnt“, erläutert Mitspieler Jesko Gehlhaar. Das braucht Zeit. Zur Not eben auch bis weit nach Mitternacht.