Sozialschuss Sozialschuss: Streit um die "Kleine Arche"
Dessau/MZ. - Die zeitliche Nähe ist Zufall, dennoch lässt sie aufhorchen. Da besuchen und loben die SPD-Bundesvize Manuela Schwesig und der SPD-Bundestagskandidat Arne Lietz in der vorigen Woche die „Kleine Arche“ und am Tag darauf macht die städtische SPD-Fraktion einen Rückzieher um eine parteiübergreifende Beschlussvorlage zur Unterstützung und Sicherung eben dieser „Kleinen Arche“. Die nämlich arbeitet bisher ausschließlich spendenfinanziert. Hat 18 Kinder aus Hartz-IV-Familien in der Betreuung und kümmert sich intensiv um diese. Allerdings ist die Finanzierung des Projekts schwierig.
30.000 Euro für zwei Jahre
Hier helfen mit 30 000 Euro für 2013 und für 2014 wollen CDU, Die Linke, Bürgerliste/Die Grünen, FDP - und bis vorige Woche auch die SPD. Die Summe soll aus den zusätzlichen Einnahmen der erhöhten Schlüsselzuweisungen des Finanzausgleichsgesetzes der Stadt gedeckt werden, heißt es in der gemeinsamen Beschlussvorlage.
„Die Vorlage wollten wir eigentlich schon zum letzten Stadtrat einbringen“, sagt Conny Bläsing, Fraktionsgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen, „doch das war zu kurzfristig.“ Überrascht ist er allerdings von einer Mail der SPD, es gäbe „neue Erkenntnisse“. „Nun bringen wir die Vorlage eben ohne die SPD ein.“ Kommenden Dienstag wird sie das erste Mal im Gesundheits- und Sozialausschuss auf der Tagesordnung stehen.
Geleitet wird der Ausschuss von Hans-Peter Dreibrodt (SPD). Und der schimpft: „Die Vorlage wurde nicht in der SPD-Fraktion diskutiert.“ Dreibrodt spricht von „wildem Aktionismus“. „Wir wollen“, sagt er, „das erst einmal in Ruhe diskutieren.“ Isolde Grabner von Bürgerliste/Die Grünen überrascht das. „Die Vorlage ist schon lange erarbeitet und seit mindestens einem Monat im Umlauf.“ Sie selbst hat sie erarbeitet und mit Mitgliedern der verschiedenen Fraktionen Gespräche geführt - von der SPD mit Robert Hartmann.
Keine Jugendhilfe-Förderung
Die Finanzsituation der „Kleinen Arche“ hat schon seit längerer Zeit städtische Gremien, wie den Jugendhilfeausschuss, beschäftigt. Im Jugendhilfeausschuss aber wurde immer wieder deutlich gemacht, dass eine Förderung im Rahmen der Jugendhilfe mit den jetzigen Arche-Strukturen in der Betreuung nicht machbar ist und deshalb auch nicht im Teilplan Jugendhilfe integriert werden kann.
„Von unserem Konzept der Betreuung wollen wir aber nicht abrücken“, erklärt Marion Bret-schneider, Regionalvorstand der Johanniter-Unfallhilfe. Die Johanniter sind seit 2010 Träger des Projektes gegen Kinderarmut. „Doch wir passen nicht in die Fördermodelle. Unser Konzept müsste geöffnet werden.“ Das aber wollen Johanniter und die Frauen vom Club Soroptimist International nicht, die die „Kleine Arche“ initiiert hatten. „Wir wollen eine nachhaltige Arbeit“, sagt Bretschneider, „und unser Erfolg beruht ja gerade auf unserem Konzept.“ Aber wenn kein Geld da sei, so Bretschneider, dann sei die „Kleine Arche“ in Gefahr.
Auch vom Bildungs- und Teilhabepaket haben sich die Johanniter mehr versprochen, um Mittel für die Gesamtfinanzierung des Projektes generieren zu können. Allerdings schmoren Anträge von Kindern von Wohngeldempfängern noch beim Sozialamt der Stadt. Zudem sei die Zahl der bezuschussten Förderstunden auf drei im Monat begrenzt. Das sei für die Kinder - und die Finanzierung - zu wenig.
Schon vor einem Jahr, bestätigt die Geschäftsführerin, habe der Landesverband der Johanniter deutlich gemacht, dass er von der Stadt ein Signal erwartet, inwieweit das Projekt in Dessau-Roßlau gewünscht sei und somit auch anteilig getragen wird. Andernfalls, hieß es, sähe er sein finanzielles Engagement nur noch befristet bis Mitte 2013 als gesichert an. Und gerade deshalb, sagt Isolde Grabner, soll über die Projektförderung versucht werden, der Arche für zwei Jahre zu helfen. In der Zwischenzeit solle sich der Projektträger um eine Landesförderung für ein Modellprojekt bemühen sowie weitere Drittmittel einwerben.
Richtlinien und Regularien
Für SPD-Stadtrat und DGB-Landeschef Udo Gebhardt ist aber genau dies der Knackpunkt. „Warum es so nicht geht, wie es gemacht wird“, darüber werde im Sozialausschuss und auch im Stadtrat gesprochen werden. Die SPD sei nicht gegen das Arche-Projekt, „das ist ein gutes“, aber trotzdem müsse man sich „an Richtlinien und Regularien“ halten. „Es geht auch um die Gleichbehandlung in der Trägerlandschaft“, erklärt Gebhardt den Rückzieher der SPD-Fraktion und deren Gesprächsbedarf. „Es wird eine inhaltliche Auseinandersetzung geben“, kündigt auch SPD-Fraktionsvize Dreibrodt für den Sozialausschuss an.