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Kultureinrichtungen sollen günstigere Tickets anbieten Sozialpass-Reform in Dessau-Roßlau wackelt - Kommt 50-prozentiger Rabatt für Bedürftige?

Die SPD in Dessau-Roßlau will Bedürftigen einen 50-prozentigen Rabatt auf Eintrittskarten in Kultur- und Sporteinrichtungen ermöglichen. Doch Verwaltung und andere Stadträte sind skeptisch.

Von Oliver Müller-Lorey 30.08.2024, 08:00
Sebastian Kahnert/dpaIb3PqddP3cc_e4bh4226Jb92G8c Eine Eintrittskarte in der günstigsten Kategorie für das erste Sinfoniekonzert der neuen Spielzeit des Anhaltischen Theaters im September kostet 19 Euro, ein Ticket für das kommende Spiel des DRHV im günstigsten Block 15 Euro - zu viel für viele Bedürftige in Dessau-Roßlau. Um auch armen Einwohnern eine Teilhabe am kulturellen Leben und an Freizeitaktivitäten zu ermöglichen, will die SPD im Stadtrat den Sozialpass reformieren. Doch ob es dafür eine Mehrheit gibt, ist fraglich.Während der Vorschlag im Sozialausschuss noch eine einstimmige Mehrheit bekam, votierte der Finanzausschuss am Dienstagnachmittag knapp gegen die Vorlage, die die Handschrift der SPD-Stadträtin Gabriele Perl trägt. Auch die Verwaltung hatte sich in einer zurückhaltenden Stellungnahme gegen die Idee der SPD ausgesprochen.Rabatt für BedürftigeDie sieht vor, Empfängern von Bürgergeld und Grundsicherung im Alter, also Senioren, die nicht genug Rente bekommen und deshalb aufstocken, sowie  Wohngeldempfängern und Asylbewerbern einen Sozialpass auszustellen. Mit ihm soll es einen 50-prozentigen Rabatt in viele Freizeiteinrichtungen geben. „Das sind städtische Einrichtungen, aber ganz bewusst auch private, die aber mit städtischem Geld bezuschusst werden, etwa das Mitteldeutsche Theater oder das Kurt-Weill-Fest“, so Perl. „Wir sind der Meinung, wer Steuergeld bekommt, muss sich auch an dem Sozialpass und damit der Möglichkeit beteiligen, bedürftigen Menschen eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen“, sagt sie. „Ansonsten überlegen wir uns bei kommenden Haushaltsberatungen sehr genau, wen wir bezuschussen und wen nicht.“Derzeit gibt es in Dessau-Roßlau schon einen Sozialpass, er stammt aber aus dem Jahr 1993 und ist völlig veraltet. So sind in den Bedingungen Einrichtungen aufgeführt, die es gar nicht mehr gibt, etwa die Südschwimmhalle, oder welche, die inzwischen privatisiert wurden. Andere Freizeitangebote, wie etwa der DRHV, fehlen dagegen. Welche Einrichtungen derzeit genau mitmachen, können Dessau-Roßlauer im Moment nicht erfahren. Auf der entsprechenden Website der Stadt begrüßt ein kurzer Hinweis die Besucher.: „Die Seite ,Sozialpass’ befindet sich gerade im Umbau. Wir beeilen uns, damit Sie bald wieder wie gewohnt darauf zugreifen können. Bis dahin erreichen Sie uns per Mail oder telefonisch.“Hoffnung nicht aufgegebenDass es einen vergünstigten Tarif für Bedürftige geben muss, steht für Perl außer Frage. „Ich höre regelmäßig an Infoständen, dass Dessau-Roßlauer sich bestimmte Angebote nicht leisten können. Zwar ist im Regelsatz der Sozialleistungen Kultur eingerechnet, aber das reicht in der Realität nicht aus“, meint sie.Die Stadt will die Reform des Sozialpasses unterdessen größer angehen. In einer Stellungnahme zum Beschluss heißt es, eine konzeptionelle Neuausrichtung erfordere „umfangreiche interne und externe Abstimmungsprozesse“ und solle sich  an modernen Technologien wie QR-Codes, Smartphones und  Internetplattformen  für die Angebote und Abrechnungen der Leistungen orientieren. Außerdem handele sich ein gewährter Rabatt um eine freiwillige Leistung. Man müsse genau prüfen, ob sich die Stadt angesichts der aktuellen Haushaltslage das künftig noch leisten könne. Kurzfristig sei das nicht zu schaffen. „Fazit: Der Antrag wird abgelehnt.“ lautet der letzte Satz in der Stellungnahme. Für Perl kein Grund, vom Vorhaben ihrer Partei abzurücken. „Ich glaube, wir haben trotzdem gute Chancen, im Stadtrat eine Mehrheit dafür zu bekommen. Die CDU hat im Sozialausschuss schon Zustimmung signalisiert.“ Die Stellungnahme der Stadt sei „das übliche Genörgel“. Dass die AfD am Dienstag gegen die Novellierung des Sozialpasses stimmte, sei für Perl dagegen keine Überraschung.  „Die AfD macht Politik gegen ihr Wählerklientel.“
Sebastian Kahnert/dpaIb3PqddP3cc_e4bh4226Jb92G8c

Eine Eintrittskarte in der günstigsten Kategorie für das erste Sinfoniekonzert der neuen Spielzeit des Anhaltischen Theaters im September kostet 19 Euro, ein Ticket für das kommende Spiel des DRHV im günstigsten Block 15 Euro - zu viel für viele Bedürftige in Dessau-Roßlau. Um auch armen Einwohnern eine Teilhabe am kulturellen Leben und an Freizeitaktivitäten zu ermöglichen, will die SPD im Stadtrat den Sozialpass reformieren. Doch ob es dafür eine Mehrheit gibt, ist fraglich.

Während der Vorschlag im Sozialausschuss noch eine einstimmige Mehrheit bekam, votierte der Finanzausschuss am Dienstagnachmittag knapp gegen die Vorlage, die die Handschrift der SPD-Stadträtin Gabriele Perl trägt. Auch die Verwaltung hatte sich in einer zurückhaltenden Stellungnahme gegen die Idee der SPD ausgesprochen.

Rabatt für Bedürftige

Die sieht vor, Empfängern von Bürgergeld und Grundsicherung im Alter, also Senioren, die nicht genug Rente bekommen und deshalb aufstocken, sowie Wohngeldempfängern und Asylbewerbern einen Sozialpass auszustellen. Mit ihm soll es einen 50-prozentigen Rabatt in viele Freizeiteinrichtungen geben. „Das sind städtische Einrichtungen, aber ganz bewusst auch private, die aber mit städtischem Geld bezuschusst werden, etwa das Mitteldeutsche Theater oder das Kurt-Weill-Fest“, so Perl.

„Wir sind der Meinung, wer Steuergeld bekommt, muss sich auch an dem Sozialpass und damit der Möglichkeit beteiligen, bedürftigen Menschen eine kulturelle Teilhabe zu ermöglichen“, sagt sie. „Ansonsten überlegen wir uns bei kommenden Haushaltsberatungen sehr genau, wen wir bezuschussen und wen nicht.“

Derzeit gibt es in Dessau-Roßlau schon einen Sozialpass, er stammt aber aus dem Jahr 1993 und ist völlig veraltet. So sind in den Bedingungen Einrichtungen aufgeführt, die es gar nicht mehr gibt, etwa die Südschwimmhalle, oder welche, die inzwischen privatisiert wurden. Andere Freizeitangebote, wie etwa der DRHV, fehlen dagegen. Welche Einrichtungen derzeit genau mitmachen, können Dessau-Roßlauer im Moment nicht erfahren. Auf der entsprechenden Website der Stadt begrüßt ein kurzer Hinweis die Besucher.: „Die Seite ,Sozialpass’ befindet sich gerade im Umbau. Wir beeilen uns, damit Sie bald wieder wie gewohnt darauf zugreifen können. Bis dahin erreichen Sie uns per Mail oder telefonisch.“

Hoffnung nicht aufgegeben

Dass es einen vergünstigten Tarif für Bedürftige geben muss, steht für Perl außer Frage. „Ich höre regelmäßig an Infoständen, dass Dessau-Roßlauer sich bestimmte Angebote nicht leisten können. Zwar ist im Regelsatz der Sozialleistungen Kultur eingerechnet, aber das reicht in der Realität nicht aus“, meint sie.

Die Stadt will die Reform des Sozialpasses unterdessen größer angehen. In einer Stellungnahme zum Beschluss heißt es, eine konzeptionelle Neuausrichtung erfordere „umfangreiche interne und externe Abstimmungsprozesse“ und solle sich an modernen Technologien wie QR-Codes, Smartphones und Internetplattformen für die Angebote und Abrechnungen der Leistungen orientieren. Außerdem handele sich ein gewährter Rabatt um eine freiwillige Leistung. Man müsse genau prüfen, ob sich die Stadt angesichts der aktuellen Haushaltslage das künftig noch leisten könne. Kurzfristig sei das nicht zu schaffen. „Fazit: Der Antrag wird abgelehnt.“ lautet der letzte Satz in der Stellungnahme.

Für Perl kein Grund, vom Vorhaben ihrer Partei abzurücken. „Ich glaube, wir haben trotzdem gute Chancen, im Stadtrat eine Mehrheit dafür zu bekommen. Die CDU hat im Sozialausschuss schon Zustimmung signalisiert.“ Die Stellungnahme der Stadt sei „das übliche Genörgel“. Dass die AfD am Dienstag gegen die Novellierung des Sozialpasses stimmte, sei für Perl dagegen keine Überraschung. „Die AfD macht Politik gegen ihr Wählerklientel.“

dpa