Shakespeare mal klassisch Shakespeare mal klassisch: Musical "Kiss Me Kate" im Anhaltischen Theater Dessau

Dessau - Musical gehört zum seichten Fach? Ganz und gar nicht, sagen Rita Kapfhammer und Tobias Brönner. Die beiden Sänger sind ab Freitag, 19. Januar, um 19.30 Uhr in Johannes Weigands Inszenierung von „Kiss Me, Kate“ im Großen Haus des Anhaltischen Theaters zu erleben. „Es ist ein lustiges und wirklich spaßiges Stück“, so Kapfhammer. Für die Mitwirkenden hält es aber auch so manche Herausforderung bereit.
Rita Kapfhammer übernimmt als Lilli Vanessa beziehungsweise Katharina die weibliche Hauptrolle. Das Dessauer Publikum kennt sie bisher nur als Opern- und Operetten-Sängerin. Sie selbst stand auch nur einmal in „Hello, Dolly!“ in einem Musical auf der Bühne.
Berührungsängste hat die Kammersängerin jedoch keine. Ganz im Gegenteil: „Ich möchte ja nicht immer nur Wagner singen“, sagt sie und lacht. Im Musical sei man zudem vielseitiger gefordert. „Ich tanze auch gerne. Wobei das für meine Rolle leider gar nicht so gefragt ist.“
Uraufführung von „Kiss Me, Kate“ fand am 30. Dezember 1948 im Century Theatre in New York statt
Technisch muss sich die Mezzosopranistin umstellen. Schon allein deshalb, weil die Stimme im Musical mit einem Mikrofon verstärkt wird. „Da muss man mit dem Gesang nicht den ganzen Raum ausfüllen“, erklärt sie. Das habe sogar Vorteile. Es ließe sich „normaler“ mit der Stimme arbeiten, also eher wie beim Sprechen. „Das geht aber alles. Man muss es sich eben sehr gut zurecht legen“, sagt Kapfhammer.
Der klassischen Opernsängerin kommt außerdem entgegen, dass es sich bei „Kiss Me, Kate“ um ein sehr frühes Musical handelt. Cole Porter hat es Ende der 1940er Jahre komponiert. Die Uraufführung fand am 30. Dezember 1948 im Century Theatre in New York statt.
„Es ist ein klassisches Musical“, erklärt Tobias Brönner. Zum einen ist die Musik klassischer komponiert und zum anderen sind sie für klassischere Stimmen ausgelegt. Die charakteristischen Stimmen, die heute schnell mit Musicals in Verbindung gebracht werden, waren in der Zeit noch nicht üblich.
Tobias Brönner kann seine Musical-Erfahrung in Dessau voll einbringen
Doch ob klassisches oder modernes Musical, für Brönner, der für die Rolle des Bill Calhoun beziehungsweise Lucentio als Gastkünstler gewonnen werden konnte, ist beides kein Problem. Er ist Absolvent der Hamburger „Joop Van Den Ende Academy“ und damit ausgebildeter Musicaldarsteller. Sein erstes Engagement erhielt er direkt nach seiner Ausbildung am Theater Kiel.
Danach war er an vielen kleineren und größeren Theatern und Festivals engagiert und tourte mit dem Musiktheater-Projekt „SOM - Sound Of Music“ sogar durch Europa. Sein Engagement in Dessau macht ihm schon vor der Premiere großen Spaß. Insbesondere wegen der Leute. „Als ich zum ersten Mal hier ins Haus gekommen bin, hatte jeder Mitarbeiter ein Lächeln auf den Lippen und hat mich gegrüßt.“ Das erlebe man nicht in allen Theatern.
Trotz all der Musical-Erfahrung, auch für Brönner gibt es Kniffliges in „Kiss Me, Kate“: die Sprechpassagen - insbesondere die, mit dem Shakespeare’schen Original-Text. Denn in Cole Porters Musical wird ein Stück im Stück gespielt, es handelt von einer Theatergruppe, die eine musikalische Fassung „Der Widerspenstigen Zähmung“ aufführt.
Shakespeare-Passagen bringen zusätzlichen Witz in das Stück
„Die Sprache im Stil von damals ist eine echte Herausforderung“, sagt Kapfhammer. Und ihr Kollege stimmt ihr zu: „Improvisieren oder umschiffen ist da wirklich nicht möglich.“ Es gelte: ganz oder gar nicht. Zumal es auch keine Souffleuse geben wird, die bei Texthängern von der Seite aus helfen könnte.
Doch gerade die Shakespeare-Passagen bringen zusätzlichen Witz in das Stück. Generalintendant Johannes Weigand inszeniert sie, wie man Shakespeare heutzutage auf keinen Fall mehr inszenieren würde: klassisch.
Mit historischen Kostümen und großen Gesten. „Sonst heißt es immer: Lass die Arme unten!“, so Kapfhammer. „Hier dürfen wir Sachen machen, die sonst verboten ist“, sagt Brönner und reckt mit geschwellter Brust den einen Arm empor. „Das macht auch mal Spaß.“ (mz)
