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Schrottimmobilien in Dessau-Roßlau Schrottimmobilien in Dessau-Roßlau: Ärger mit maroden Gebäuden

Von Annette Gens 22.10.2015, 07:34
Ein gefährlicher Schandfleck: Das Haus in der Karlstraße 29 zerfällt.
Ein gefährlicher Schandfleck: Das Haus in der Karlstraße 29 zerfällt. Sebastian Lizenz

Dessau - Fällt ein Stein vom Dach oder der Putz von der Wand und der Eigentümer ist nicht in Sicht, ist das Prozedere vorgegeben: Die Feuerwehr wird informiert, die Lage von ihr erkundet. Falls notwendig, wird ein Absperrband gezogen. Und dann ist das Bauordnungsamt gefragt und muss - je nach Zustand des Gebäudes - zügig handeln.

Das Bauordnungsamt ist seit Montag in der Karlstraße 29 gefragt. Das Mehrfamilienhaus im Dessauer Norden steht seit längerem leer. Am Wochenende war Mörtel abgefallen. So viel, dass der Dessauer Andreas Berzau die Feuerwehr informierte - und die MZ: Auf seinen Fotos sind faustgroße Stücke auf dem Gehsteig zu sehen. Berzau bezeichnet das Gebäude als „den Schandfleck der Karlstraße schlechthin“. Seien in der Vergangenheit schon Dachziegel herabgefallen, scheine sich das Haus nun langsam von selbst aufzulösen. „Die Anwohner, Radfahrer und Fußgänger sind ihres Lebens nicht mehr sicher“, meint der Dessauer. Und die Feuerwehr gibt ihm recht. Noch am Wochenende wurden Fußweg und Radfahrstreifen vor dem Haus gesperrt. Nun ist das Bauordnungsamt gefordert.

Noch vor 15 Jahren kein Problem

Leerstehende Häuser werden in Dessau-Roßlau immer mehr zu einem Problem. Allein im vergangenen Jahr musste das Bauordnungsamt 120 Mal aktiv werden. „Noch vor 15 Jahren war die Zahl der Fälle so gering, dass sie nicht dokumentiert wurden“, schildert Marion Franzke, stellvertretende Leiterin des Dessau-Roßlauer Bauordnungsamtes. Das hat sich geändert - und liegt vermutlich daran, dass es jetzt mehr Leerstand durch den Bevölkerungsrückgang gibt.

Die Fälle würden sich nicht auf einen Stadtteil konzentrieren, berichtet Franzke auch von leerstehenden Gebäuden in den dörflich geprägten Ortsteilen der Stadt. Stehe ein Haus leer, beginne dessen Verfall. Trotzdem seien die Eigentümer in der Verantwortung.

Im Fall des Mehrfamilienhauses im Gründerzeitviertel von Dessau-Nord wurde unverzüglich der Eigentümer angeschrieben und mit Frist Ende nächster Woche aufgefordert, Sicherungsarbeiten vorzunehmen. Reagiert er nicht, dann ist die Stadt dazu berechtigt, Ersatzmaßnahmen einzuleiten. „Das wird in jedem Fall teurer“, sagt Franzke.

Das jetzige Vorgehen ist das Standard-Vorgehen. Kommt dem Bauordnungsamt ein Fall zu Ohren, meist durch Nachbarn oder die Gemeinde, wendet sich das Amt in der Regel schriftlich an den Eigentümer. Wird der Schaden nicht in Ordnung gebracht, kann die Stadtverwaltung zusätzlich ein Zwangsgeld androhen. Das ändere aber oftmals nichts am traurigen Zustand der Gebäude, sagt die Amtsleiterin.

Für die notwendige Ersatzvornahme zur Gefahrenabwehr werden in der Regel drei Angebote eingeholt. Nur wenn akute Einsturzgefahr von der Immobilie ausgeht, werde ein Auftrag auch schon einmal freihändig vergeben. Die Gefahrenabwehr dulde keinen Aufschub.

Teils kriminalistische Arbeit

Die Sachlage in der Karlstraße 29 ist schon deshalb relativ klar, weil das Bauordnungsamt dort bereits vor drei Jahren handeln musste und man davon ausgehen kann, dass das Gebäude inzwischen nicht den Besitzer gewechselt hat. „Wir haben aber auch Fälle, die schwieriger sind als die Prüfung eines Bauantrags“, vergleicht Franzke den Arbeitsaufwand, der mitunter hinter der Ermittlung von Eigentümern steht. In manchen Fällen seien die Eigentümer abgetaucht oder hielten sich dauerhaft im Ausland auf. Manchmal müssen die Mitarbeiter im Bauordnungsamt regelrecht Ahnenforschung betreiben und die Nachlassgerichte bis hin zum Auswärtigen Amt bemühen. Der Aufwand sagt Franzke sei in einigen Fällen enorm, besonders dann, wenn Erbengemeinschaften gesucht würden. (mz)