Schlechte Aussichten Schlechte Aussichten: "Lunapark" in Dessau öffnet aber das Resümee fällt durchwachsen aus

Dessau - Ein ganz besonderer Jubilar ließ sich während der vergangenen Wochen auf dem Festplatz am Dessauer Kraftwerk finden. Seinen 100. Geburtstag feierte dort der Autoscooter. Seiner Beliebtheit tat dieses hochbetagte Alter bei Jung wie Alt keinen Abbruch - zumindest bis zum Frühjahr. Doch das Jubiläum kommt für Schaustellerin Bettina Jacobi zur Unzeit.
Fünf Wochenenden in Folge lockte der „Lunapark“ an der Brauereibrücke mit Karussells, Schiffsschaukel, Entenangeln und anderen klassischen Rummelbuden. Jeden Sonnabend- und Sonntagnachmittag konnten Gäste bei Softeis, Zuckerwatte und Cola dort die Seele baumeln lassen. „Und einfach mal abschalten“, wie Jacobi sagt. Nach Wochen der Ausgangsbeschränkungen war dies die erste Aktion für die Schaustellerbetriebe.
Volksfeste und sämtliche Veranstaltungen wurden abgesagt, teils bis in das Jahr 2021 hinein
Denn pünktlich zum eigentlichen Saisonstart im März machte ihnen das Corona-Virus einen großen Strich durch die Rechnung. Volksfeste und sämtliche Veranstaltungen wurden abgesagt, teils bis in das Jahr 2021 hinein. Einnahmeausfälle von 100 Prozent, getätigte Investitionen, Wartungsarbeiten an Fahrgeschäften, die in der gesamten ersten Jahreshälfte nicht fahren konnten, hat dies zur Folge.
Temporäre Freizeitparks wie der „Lunapark“ sollten da ein erster Schritt in Richtung Besserung sein. „Doch der Zuspruch ist eher mager ausgefallen“, sagt Jacobi. „Wir hatten uns mehr erhofft.“ Knapp 400 Besucher am Tag hätten sich in Hoch-Zeiten ins kleine Jahrmarkt-Getümmel gestürzt. Immerhin habe sich der Stadtwerke-Aktionstag eine Woche zuvor sich bemerkbar gemacht. Trotzdem sei man froh, überhaupt erst einmal zurück zu sein.
Größere Abstriche muss trotz Hygienekonzept niemand in Kauf nehmen
Am Sonnabend stand das Abschlusswochenende des Luna-Parks bevor. Die Musik hallt quer über den Platz, der „Twister“ läuft sich schon warm, vereinzelt kommen Familien durch die Pforte. Die selbstständige Hinsdorferin und ihre Kollegen warten an ihren Ständen und Attraktionen auf Gäste. „Die, die kommen, freuen sich, dass wir wieder da sind“, weiß Jacobi.
Größere Abstriche muss trotz Hygienekonzept niemand in Kauf nehmen. Registrieren und Abstand halten, lauten die Regeln. Nur wenn es eng werden sollte, muss eine Maske getragen werden. 100 Besucher gleichzeitig dürfen vor Ort sein. „Wir sind in der Lage, alle Auflagen zu erfüllen.“ Ihre Forderungen an die Politik sind daher eindeutig.
Vergleichbare Situationen haben die Schausteller mit dem Hochwasser 2002 und 2013 erlebt. Damals jedoch mit dem Lichtblick, dass es irgendwann weitergeht. „Uns fehlt zurzeit die Perspektive.“ Nachdem das Verbot von Großveranstaltungen nun auf Ende Oktober verlängert wurde, bliebe mit den Weihnachtsmärkten eine letzte große Hoffnung.
Großdemonstrationen der gesamten Branche gab es bereits in Stuttgart und Berlin
Auf dem Berliner Alex stand Bettina Jacobi bisher in der Adventszeit. Ob dem auch in diesem Jahr so sein wird, ist unklar. „Wenn der Flug nach Mallorca erlaubt ist, was spricht dann gegen Veranstaltungen an der frischen Luft und mit Abstand?“, fragt die Unternehmerin.
Großdemonstrationen der gesamten Branche gab es bereits in Stuttgart und Berlin. Die erste Soforthilfe sei bei den Betrieben zwar angekommen, spricht Jacobi aber von einem Tropfen auf den heißen Stein. „Wir wollen einfach nur unsere Arbeit machen und unseren Lebensunterhalt verdienen.“
Nach dem Abbau an den Stadtwerken am Sonntag und einer einwöchigen Pause ziehen die Wagen des Freizeitparks weiter nach Wolfen und von dort nach Delitzsch. Und danach? Das weiß zurzeit niemand. (mz)
