Schauspieler schieben Frust Schauspieler schieben Frust: Gibt es im Anhaltischen Theater zu wenig digitale Formate?

Dessau - Das Telefon klingelt, es meldet sich eine Sängerin des Theaters Magdeburg. Schmettert eine Arie. Der Klang ist überraschend gut. Der Auftritt ein individuelles Erlebnis. „Bei Anruf: Kunst“ heißt das kostenlose Format, das nur eines von vielen ist, mit denen das Theater die aktuelle Ferne zum Publikum überbrückt. Auf der Webseite gibt es noch einen Podcast, einen Audio-Spaziergang, Live-Veranstaltungen per Stream und sogar einen eigenen Online-Spielplan.
Auf der Webseite des Anhaltischen Theaters ist noch der Adventskalender abrufbar - vom Dezember
Und am Anhaltischen Theater Dessau? Der Adventskalender mit Einblicken hinter die Kulissen ist noch abrufbar. Ansonsten finden sich auf der Webseite vor allem für 2021 angekündigte Premieren, die meist noch lange hin sind.
Teile des Ensembles besorgt das. „Es frustriert, wenn man schaut, was andere Häuser so alles machen“, sagt ein Künstler gegenüber MZ.
Man habe das Gefühl, dass auch in Dessau mehr an alternativen, digitalen Formaten möglich wäre. Viele seiner Kollegen treibe aber stattdessen das Gefühl um, völlig von der Bildfläche zu verschwinden, da die öffentliche Sichtbarkeit fehle. „Die Leute sollen doch aber wissen, dass da noch was stattfindet in ihrem Theater.“
Generalintendant Weigand verweist auf den enormen Aufwand für digitale Formate
Generalintendant Johannes Weigand hat eine andere Sicht auf die Dinge. „Digitale Formate können einen Live-Besuch nicht ersetzen, deshalb will ich auch nicht so tun, als könnten sie das“, erklärt er auf Nachfrage. Dennoch werde er gute Ideen nicht verhindern. Er sieht jedoch ein zentrales Problem: „Online-Angebote sind sehr aufwendig. Wir reden da nicht von einem lustigen Handy-Video.“ So habe der Adventskalender im Dezember viel Kraft gekostet. Szenen mussten nicht nur gespielt, sondern zuvor geskriptet werden. Für die Aufzeichnung brauchte es eine externe Produktionsfirma.
Da die Abteilungen wie Ton, Maske, aber auch Schauspiel am Theater mit jeweils acht Personen klein besetzt seien, habe man die Kapazitäten nicht, professionelle Online-Formate aufzuziehen. Erst recht nicht, wenn wie jetzt große Produktionen wie Schillers Räuber geprobt würden. Noch dazu ist der Theaterbetrieb laut Weigand ohnehin schon herausfordernd. Um alle hygienischen Vorgaben einzuhalten, finden die Proben der verschiedenen Sparten gestaffelt statt. „Auch die Gewerke arbeiten versetzt.“
Aber Weigand sieht noch einen Nachteil von Digital-Formaten. „Unser etwas älteres Publikum sitzt nicht am Computer.“ Daher wolle man lieber mit den lokalen Fernsehsendern kooperieren. Fünf bis sechs größere Sachen, etwa Konzerte, seien geplant. „Wir überlegen also durchaus, wie wir zum Publikum kommen, wenn der Lockdown anhält“, verspricht der Generalintendant.