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73 Biberreviere in Dessau-Roßlau Sachsen-Anhalt registriert zwölf Attacken auf Biber - Wie der Konfliktmanager die Zahl einschätzt

Landesweit wurden zwölf Biberbauten und Dämme von Menschenhand mutwillig zerstört. In Dessau-Roßlau halten Fachleute das Thema für überschaubar.

Von Silvia Bürkmann 13.04.2023, 18:00
Der Elbebiber wird über einen Meter groß und 25 Kilo schwer.
Der Elbebiber wird über einen Meter groß und 25 Kilo schwer. (Foto: Tierpark Dessau)

Dessau-Rosslau/MZ - Er gab auch den hiesigen Bundesliga-Handballrecken ihren Spitznamen und ist neben dem historischen anhaltischen Bären zweifellos das inoffizielle Wappentier der Region: Der Biber (Castor fiber) mit seiner heimischen Unterart Elbebiber (Castor fiber albicus).

Das stolze Tier aber traf und trifft auf Widersacher. Das zweitgrößte Nagetier der Welt (nach dem südamerikanischen Wasserschwein) war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Menschenhand nahezu gänzlich ausgerottet worden. Weltweit konnte allein an den Ufern der Mittleren Elbe eine kleine Restpopulation überleben. Eine Zählung 1890 ergab hier noch 90 besiedelte Biberreviere.

Großer Nager kurz vor dem Aussterben gerettet

Nachdem die deutschen Länder Preußen, Anhalt und Sachsen per amtlichen Erlassen den Biber vor Jagd und Verfolgung in Schutz nahmen, hat sich gerade an der Mittelelbe der Biberschutz etabliert und zu einem ersten ehrenamtlichen Netzwerk gleichgesinnter Naturfreunde und Artenschützer geführt. Die Bestände erholten sich langsam auf etwa 220 Ansiedlungen und überstanden auch die nochmalige große Wilddieberei in den Nachkriegsjahren nach 1945.

Aktuell stellt das Bundesnaturschutzgesetz den Biber unter strengen Schutz wie auch die Europäische Union in ihrer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Deutschlandweit und auch im Biberland Sachsen-Anhalt hat sich durch verschiedene Wiederansiedlungsmaßnahmen inzwischen ein stabiler Bestand entwickelt (siehe: Biberkompetenzstelle).

Kompetenzstelle im Biosphärenreservat Mittlere Elbe hat waches Auge auf mutwillige Zerstörugen

Ungestört und reibungsfrei aber läuft das Zusammenleben zwischen Mensch und Wildtier nicht. So sind auch in Sachsen-Anhalt die Dämme und Bauten von Bibern in letzter Zeit mutwillige zerstört worden. So seien 2021 landesweit zwölf Dämme „ungenehmigt entfernt“ worden. Die Dunkelziffer wird auf rund 50 Zerstörungen geschätzt. Davon geht Jörg Schuboth von der Biberkompetenzstelle des Landes Sachsen-Anhalt aus.

Zwischen Tieren und menschlichen Nutzern der hiesigen Kulturlandschaft kommt es seit Mitte der 1990er Jahre zu Konflikten. Typische Probleme durch Biber sind Fraßschäden an Feldfrüch-ten oder Gehölzen, die Unterminierung von Ufergrundstücken und Überschwemmungsschäden durch Biberdämme.

Ja, es gibt Konflikte, bestätigte Torsten Beyer aus der Biberkompetenzstelle am Mittwoch auf MZ-Nachfrage, will dies aber ausdrücklich nicht überbewerten. Auch mutwillige Zerstörungen von Biberbauten seien ein Thema, aber im Konfliktmanagement überschaubar. So gab es landesweit in 1.373 Biberrevieren zwölf bestätigte und 50 geschätzte Übergriffe. Die Landeskompetenzstelle Biberschutz, von 2002 bis 2021 als Referenzstelle Am Kapenschlösschen1 angesiedelt, ist seit 2022 direkt dem Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe unterstellt.

Dessau-Roßlau an der Spitze der Großstädte Sachsen-Anhalts

Im Stadtgebiet Dessau-Roßlau gibt es aktuell 73 Biberreviere. Davon sind 58 mit Biberfamilien besetzt. Die Uferbereiche und Nebenarme von Elbe und Mulde also sind aktuell gut „bewohnt“. Der Bestand freilebender Biber in der Stadt liegt bei 185 Tieren.

Im Vergleich der Oberzentren liegt Dessau-Roßlau vorn. In der Landeshauptstadt Magdeburg wurden 51 Reviere gezählt - an der Elbe und ihren Altarmen. Die Saalestadt Halle indes ist für Biber recht unwirtlich (zehn Reviere). Die emsigen Landschaftsgestalter siedeln sich bevorzugt an geeigneten Fließgewässern an. In freier Natur werden Biber acht bis zehn Jahre alt.