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Rundgang durch Kleutsch Rundgang durch Kleutsch: Liebenswerter Ort mit Ecken und Kanten

Von Annette Gens 05.09.2019, 13:38
Allee der toten Bäume: Willkommen in Kleutsch.
Allee der toten Bäume: Willkommen in Kleutsch. Thomas Ruttke

Kleutsch - Wer nach Kleutsch fährt, der merkt schon 300 Meter vor der Ortseinfahrt, dass dieses Dorf den anderen ein Stück voraus ist. In Dessau Roßlau ist vielerorts noch Sommer. In der Dorfstraße von Kleutsch ist ganz eindeutig Spätherbst. Die Bäume der Allee tragen ein braunes Blätterkleid.

Manche kämpfen noch, andere sind schon übern Jordan. Baumrinde ist aufgeplatzt, das Holz darunter vertrocknet. Wer sich anschaut, wie nah an der Allee die Äcker gepflügt sind, der wundert sich nicht, dass diese Bäume doppelt kämpfen mussten - und verloren haben. Ihre Wurzeln wurden offensichtlich beim Pflügen verletzt.

Der Todeskampf der Bäume in der Dorfstraße war dem Ortschaftsrat nicht egal. Seit Jahren steht das Thema auf der Tagesordnung der Ortschaftsratssitzungen, erklärt der Kleutscher Ortsbürgermeister Roland Gebhardt (Pro Dessau-Roßlau). „Wir wissen von der Stadt auch, dass diese Bäume gegossen werden sollen. Nur haben wir hier nie eine Firma gesehen, die wässert.“ Auch auf das zu nahe Pflügen am Feldrand wurde mehrfach hingewiesen - keine Reaktion.

Kleutsch gehört zu den ältesten Dörfern Dessau-Roßlaus

Kleutsch gehört zu den ältesten Dörfern Dessau-Roßlaus. 1144 wird der Ort zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Heute leben dort 425 Einwohner, sagt Gebhardt, als die MZ mit Ortschaftsrat und Bürgern durch den Ort läuft. Die meisten Bürger sind zufrieden mit ihrem Wohnumfeld, meint Gebhardt. Trotzdem gibt es Dinge, die dem Ortschaftsrat unter den Nägeln brennen.

Der Rundgang mit der Mitteldeutschen Zeitung beginnt am Bürgerhaus und damit beim zweiten Problem von Kleutsch. Das Gebäude ist der gesellschaftliche Treffpunkt. Nur ist das Haus feucht und müsste trockengelegt werden. Seit mehr als einem Jahr liegt ein loser Ziegel auf dem Dach. „Es gibt Reparaturbedarf, der offenbar erst in Angriff genommen wird, wenn es richtig teuer wird.“

Auch haben einige Straßen Risse, die nach Meinung des Rats mit Asphalt ausgegossen werden müssten, um Frostschäden und noch höheren Reparaturbedarf zu vermeiden. Leider liefen auch diese Bemühungen ins Leere.

„Wir finden, eine Trauerhalle gehört in den Ort“

Die MZ-Tour führt durch die Dorfstraße und den Kastanienweg zum Friedhof. Die Trauerhalle ist in Sichtweite. Der Kleutscher Dieter Esser hat zum Thema Friedhof und Trauerhalle einige Fragen, die ihm nicht aus dem Kopf gehen. Zum einen wollte der Stadtpflegebetrieb ja verschiedene Trauerhallen im Stadtgebiet abreißen, darunter auch die Kleutscher.

„Wir finden, eine Trauerhalle gehört in den Ort“, sagt Esser, der auf Lösungen hofft. Esser, Mitte 70, findet gut, dass inzwischen verschiedene Bestattungsarten auf dem Kleutscher Friedhof möglich sind. Seine Ruhestätte unter einer Eiche wollte er sich zu Lebzeiten sichern. „Mir wurde bei der Friedhofsverwaltung gesagt, das sei nicht möglich. Plätze würden erst mit dem Tod vergeben. Das verstehe ich nicht.“

Der Weg führt an einem ehemaligen Trafohäuschen vorbei, auf dessen Dach ein unbewohntes Storchennest steht. Weshalb sich dort kein einziger Storch ansiedelt, ist den Kleutschern klar, der Stadtverwaltung vielleicht nicht? Im Häuschen wohnen die Falken. „Die Störche waren im Frühjahr gerade mal 20 Minuten vor Ort, um das Wagenrad zu begutachten, aber die Nachbarschaft zu monieren. Früher gab es drei Storchenpaare, die in Kleutsch wohnten. Heute sieht man keinen einzigen Adebar mehr.

Warten auf Deichbauarbeiten in Kleutsch

Kleutsch hat große Gehöfte und einen Deich, der laut Gebhard und den Ortschaftsratsmitgliedern Mike Jüling und Steffen Zahorszki 2018 neu gebaut werden sollte, weil er zu flach ist. Doch es tut sich nichts, dabei sind Hochwasser der Mulde, die dort verläuft, immer ein Thema. 2002 und 2013 waren unter anderem die Gräben in Kleutsch spielentscheidend. Teils mussten sie damals erst instand gesetzt werden.

2014 erfolgte noch einmal eine Grabenpflege. Seitdem kann sich niemand mehr an Arbeiten erinnern. Die Gräben sind ungepflegt, von Schilf und Gräsern überwuchert. Die Durchlässe liegen teils unter der Erde. Und manches Gefälle ist nicht intakt. „Wir sind der einzige Ort, bei dem die physikalischen Gesetze außer Kraft gesetzt werden“, scherzt Gebhardt und weiß, steht eine Hochwasserkatastrophe an, „wird es eng“.

Dass es 2019 ein Hochwasser geben könnte, ist kaum vorstellbar. Am Hofsee, dessen Wasserstand extrem niedrig ist, sind zum ersten Mal seit Jahrzehnten alte Holzpfeiler einer Brücke zu sehen. „Früher sind die Bauern über das lange schon nicht mehr existente Bauwerk zur Kirche nach Törten gefahren“, schildert Esser. „Die alten Brückenpfeiler lagen Jahrzehnte komplett unter Wasser.“

Kleutsch, so das einhellige Fazit des Rundgangs, ist schön. Es gibt aber keinen Grund, sich darauf auszuruhen. (mz)

Auf MZ-Tour mit Steffen Zahorszki, Roland Gebhardt und Mike Jüling (v.l.n.r.)
Auf MZ-Tour mit Steffen Zahorszki, Roland Gebhardt und Mike Jüling (v.l.n.r.)
Gens
Der Graben ist kaum mehr zu erkennen, so zugewuchert ist er.
Der Graben ist kaum mehr zu erkennen, so zugewuchert ist er.
Gens
Dieter Esser fragt: „Wer ist für die Pflege des Mulderadweges zuständig?“
Dieter Esser fragt: „Wer ist für die Pflege des Mulderadweges zuständig?“
Gens