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Roßlauer Schiffswerft Roßlauer Schiffswerft: Nun schon der dritte Dampferveteran

Von Karl Jüngel und Lothar Gens 26.11.2001, 15:11

Wittenberg/MZ. - Es ist für unsere Elblandschaft keinesfalls von Nachteil, dass sich die Sächsische Dampfschifffahrts GmbH & Co. Conti. Elbschifffahrts-KG (früher Weiße Flotte Dresden) mehr und mehr mit der Roßlauer Schiffswerft anzufreunden scheint. Für uns Anrainer bereichern so die Schiffe der weltältesten und größten noch erhaltenen Raddampferflotte unsere Landschaft. Immerhin neun Raddampfer, davon einer mit althergebrachter Kohlenfeuerung, die "Diesbar", die bereits seit Ende Oktober in der Roßlauer Schiffswerft zu Reparatuzwecken liegt (MZ vom 27. Oktober, Seite 12) gehören heute noch zum Bestand der 1836 gegründeten Reederei.

Nicht nur das älteste Schiff der Reederei, sondern wohl der älteste Personenraddampfer der Welt, die "Stadt Wehlen" liegt inzwischen auch im Becken der Roßlauer Werft. Instandhaltungsmaßnahmen während der zwangsläufigen Winterpause stehen bei dem nunmehr 122 Jahre alten Veteranen an. Das 56,4 Meter lange Schiff wurde einst auf der Schiffswerft in Dresden-Blasewitz gebaut.

Im Jahre 1879 hieß es erstmals "Leinen los" für diesen Dampfer, der damals noch "Dresden" (III) hieß. Zur Zeit der Kiellegung dieses Schiffes zählte die Dresdner Flotte insgesamt mehr als 20 Schiffe dieser Art. Der Antrieb erfolgte durch eine 2-Zylinder-Zwillingsdampfmaschine aus dem Jahr 1857, die noch bis 1915 zuverlässig ihren Dienst versah. Erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Umrüstung auf eine 2-Zylinder-Dampfmaschine mit einem Hochdruckkessel von zehn Atmosphäre Überdruck.

Im Laufe der Dienstjahre wurden nicht nur am Schiffskörper Veränderungen vorgenommen, so 1895 eine Verlängerung auf 58,4 Meter, sondern auch am Schiffsnamen. Ab 1926 hieß der Dampfer bis 1962 "Mühlberg", um dann auf Wunsch der Verwaltung des Luftkurortes Wehlen nochmals in "Stadt Wehlen" umgetauft zu werden. 1950 wurde das Schiff zu einem Oberdeckdampfer umgebaut und fasste dann mehr als 800 Passagiere. Genau nach 100 Jahren Dienstzeit war es drei Jahre zur Generalüberholung, was einer Generalerneuerung gleichzusetzen ist. Seit 1982 ist der Dampfer wieder im Einsatz.

Die Geschichte der historischen Raddampferflotte interessiert natürlich nicht nur die Dampferfreunde in Deutschland und speziell an der Elbe. Dampferfans aus ganz Europa verfolgen die Wege dieser Schiffe auf Schritt und Tritt. So gibt es sächsische Dampferfreunde, die die Fahrten "ihrer Schiffe" nach Roßlau von Land aus verfolgen und auf dem Film an jedem zugänglichen Ort festhalten.

Als kürzlich (Oktober 2001) zwei über zehn Jahre abgestellte Raddampfer ("Schmilka" und "Junger Pionier") den Schneibrennern zum Opfer fielen und wegen zu hohem Verschleißgrad aus der Denkmalliste gestrichen werden mussten, hagelte es regelrecht Beschwerden in sächsischen Medien.

Der Eigentümer musste sich allerdings verpflichten, unwiederbringliche Aggregate, wie Dampfmaschinen, Schaufelräder und Dampfsteueraggregate der Nachwelt zu erhalten bzw. bei Neubauten wieder zu verwenden.

Ein gänzlich anderes Schicksal ist den jetzt schon drei Raddampfern zugedacht, die die Roßlauer Werft unter ihre Fittiche genommen hat. Im Auftrag der Sächsischen Dampfschifffahrtsgesellschaft ist die "Stadt Wehlen" hier eingetroffen, um noch umfangreichere Reperaturarbeiten an den Schaufelrädern durchzuführen als das bei der am 8. November eingetroffenen "Kurort Rathen" der Fall ist. Außer den 84 Buchsen müssen daran auch noch die so genannten Lageraugen für die Radarme erneuert werden. "Auch am Kessel sind nicht unerhebliche Reparaturen durchzuführen", erfuhr die MZ von Manfred Flügel, dem Projektverantwortlichen. Luftpumpe, Regulator und eine neue Dampfpfeifenentwässerung stehen ebenfalls an.