1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Kräfte bündeln: Roßlauer Schiffswerft GmbH & Co. KG: Roßlauer Schiffswerft und Stahlbau Dessau schließen sich zusammen

Kräfte bündeln Roßlauer Schiffswerft GmbH & Co. KG: Roßlauer Schiffswerft und Stahlbau Dessau schließen sich zusammen

Von Silvia Bürkmann 06.02.2017, 10:51
1.000 Tonnen Technik für einen Fähranleger: in Roßlau gefertigt und von den Spezialisten von Stahlbau Dessau in Rostock montiert.
1.000 Tonnen Technik für einen Fähranleger: in Roßlau gefertigt und von den Spezialisten von Stahlbau Dessau in Rostock montiert. Stahlbau Dessau

Roßlau - Zwei Betriebe fügen ihrer jeweils fast 150-jährigen Geschichte ein neues, gemeinsames Kapitel hinzu: Stahlbau Dessau und Roßlauer Schiffswerft haben sich zusammengetan. Ihr neuer Name: Roßlauer Schiffswerft GmbH & Co. KG.

Der Zusammenschluss ihrer zwei Unternehmen in Dessau-Roßlau unter einem Dach ist für die Rönner Gruppe Ergebnis zur  Optimierung der Produktionsabläufe und -kosten. „Wir führen Kompetenzen zweier Traditionsunternehmen zusammen“, sagt Peter Talaska, einer der drei Geschäftsführer.

Beim Zusammenschluss konnten alle Mitarbeiter übernommen werden

Beider Name hat Profil: In den großen Hallen der Werftstraße hier und in der Erich-Köckert-Straße dort riecht es förmlich nach Stahl, geschmolzenem Metall, Schweißpulver und Brennschneider. An beiden Standorten können im Prinzip die gleichen Leistungen erbracht werden. Aber die Roßlauer Schiffswerft verfügt über den direkten Anschluss zum Wasser für den Transport riesiger Bauteile, die nur mit enormen Aufwand über die Straße zu bewegen wären. Dessau wiederum hat das moderne Zuschnittzentrum für die Vorfertigung der Stahlbleche.

Zwei autarke Firmen machen da wenig Sinn wie zwei Buchhaltungen oder Personalabteilungen. Beim Zusammenschluss konnten alle Mitarbeiter in der neuen Roßlauer Schiffswerft GmbH & Co.KG integriert werden. Das Unternehmen in Dessau-Roßlau ist jetzt von den vier Betrieben der Rönner Gruppe im Osten Deutschlands das größte. Das familiengeführte Unternehmen beschäftigt insgesamt  etwa 1.200 Mitarbeiter, im Osten neben Dessau-Roßlau in den Werften von Genthin, Tangermünde, Boizenburg und Wismar.

Nächste Aufträge hat die zusammengeschlossene Roßlauer Schiffswerft entweder auf dem Zettel oder schon in Arbeit:  So die drei Projekte am Neckar - ein Hochwassersperrtor in Ladenburg   oder die Schleusentore in Hirschhorn und Lauffen. Das 40-Meter-Bauteil für Ladenburg liegt schon in der Schiffbauhalle. Die 450 Tonnen schwere Eisenbahnbrücke für die Julius-Leber-Straße in Hamburg trägt bereits das neue Firmenlogo.

Firmengeschichte der reicht Roßlauer Schiffswerft reicht  bis ins 19. Jahrhundert

Die Firmengeschichte reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. 1866 gliederten die Roßlauer Gebrüder Sachsenberg ihrem Maschinenbaubetrieb eine Werft am Elbufer an. 1893 präsentierte der Dessauer Schlossermeister Köckert sein Können erfolgreich auf der Weltausstellung in Chicago und errichtete eine Werkstatt in der Straße, die bis heute den Namen seines Enkels Erich Köckert trägt.

Rechtsseitig der Elbe wurden fortan Schiffe und Schiffssegmente konstruiert und gebaut. Die Dessauer Stahlbauer packten nach der Zerstörung ihrer Produktionsstätten im März 1945 neu zu, schafften ein Konstruktionsbüro an für die Realisierung von Großprojekten. Die damalige Deutsche Reichsbahn (DR) wurde aufmerksam und wichtiger Auftraggeber, gliederte 1953 die Firma Köckert in den Verband der DR ein. Die wurde 1994 zur Deutschen Bahn AG.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und der damit verbundenen Umstrukturierung der DR/DB erwarb die Heinrich Rönner Gruppe aus Bremerhaven 2001 den Betrieb. Geschäftsführer wurde Marcus Rönner,  jüngster der drei Söhne von Seniorchef Heinrich Rönner.

In Roßlau freilich war die hanseatische Familie bereits 1994 aktiv geworden. In der Roßlauer Schiffswerft wurden seit ihrer Gründung über 3.300 Schiffe gebaut und zu Wasser gelassen, darunter 512 hochseetüchtige Seeschiffe. Bei der Neuaufteilung der Quoten für Schiffsneubau durch die EU wurden in Deutschland die Riemen enger gezogen und ging die Binnenwerft  in Roßlau leer aus. Privatisierungsversuche scheiterten, die Treuhandanstalt beschloss, den Betrieb zu liquidieren. Die Stadt Roßlau, die Landesregierung und nicht zuletzt Hunderte Mitarbeiter protestierten.

Heinrich Rönner brachte die Rettung in allerletzter Minute

Förmlich in allerletzter Minute unterbreiteten Heinrich Rönner und Dieter Petram ein Übernahmeangebot und retteten den Betrieb. Der richtete sein Profil neben Zulieferbauteilen für den Schiffbau jetzt aus auf schwere Stahlkonstruktionen im Wasserbau.

Im Jahr 1997 begegnen Brücken- und Stahlbauer der zwei Traditionsunternehmen einander auf einer ganz wichtigen Baustelle: Bei der Fertigung und Montage des rund 1.000 Tonnen schweren Mittelteils der Elbbrücke Vockerode auf der Bundesautobahn 9.

Der riesige Stahltrog des Stromfeldes wurde in Roßlau vorgefertigt und per Ponton punktgenau „eingeschwommen“. Parallel dazu hat Stahlbau Dessau das Mittelteil montiert. Weil das gut funktionierte, wurde zwei Jahre später der Auftrag für alle Brückenteile der Gegenfahrbahn zur Fertigung an die Roßlauer und zur Montage an die Dessauer vergeben.

Auch in den Folgejahren begegnen sich die „schweren Stahlbauer“  bei mehren Vorhaben: So 2010 bei den zwölf Gleis- sowie elf neuen Bahnsteigbrücken beim Umbau Ostkreuz in Berlin. 

2012 ging es gemeinsam an die Küste nach Rostock, wo ein Fähranleger für die Scandlines ins dänische Gedser zu fertigen und montieren war. „Wir kennen einander also schon ganz gut“, sagt Geschäftsführer Peter Talaska und lächelt. (mz)