Rentenversicherung stellt Leistungen ein Rentenversicherung stellt Leistungen ein: Schock beim Blick aufs Konto

Dessau - „Ungeheuerlich“ findet Silvio Kowatzki das, was die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland mit ihm macht. Im Februar nämlich hat er lediglich 35 Euro bekommen.
„Davon kann doch keine Familie leben“, schimpft der Dessauer. „So sollte man nicht mit Menschen umgehen.“ Was ihn so aufbringt: Mit einem Schreiben vom 7. März war ihm mitgeteilt worden, dass die Rentenversicherung ihre Leistungen rückwirkend zum 4. Februar einstellt.
Kowatzki ist erst 44 Jahre alt, doch mit 37 bekam er seinen ersten Herzinfarkt. Nach dem zweiten Infarkt 2013 wurden ihm Bypässe gelegt. „Ich bin Lkw-Fahrer und Schiffbauer“, erzählt er. In den Berufen kann der Vater zweier Kinder nun nicht mehr arbeiten. Doch er war froh, von der Rentenversicherung eine 24-monatige Qualifizierung zum Refa-Techniker im Berufsförderungswerk Staßfurt vermittelt zu bekommen. Die Ausbildung begann im Januar 2015, im Januar 2017 sollte er fertig sein. Damit hätte er eine neue berufliche Perspektive in Verwaltung oder Industrie, kann zur Arbeitsgestaltung, Planung und Optimierung von Prozessen eingesetzt werden.
Langwierige Behandlung
Kowatzki will das unbedingt schaffen. Wie geplant läuft aber alles nicht. Bereits im Dezember war Silvio Kowatzki für einige Tage krankgeschrieben gewesen. Im Januar dieses Jahres wollte er die Ausbildung fortsetzen. Dann ist er erneut krank. Am 11. Januar wies ihn seine Hausärztin aufgrund eines Zuckerschocks ins Krankenhaus ein. Die Behandlung sei langwierig, hat er von den Ärzten im Krankenhaus erfahren, zumal auch sein Augenlicht gelitten habe. Von sich aus machte der Dessauer am 3. Februar einen Termin beim Bildungsträger in Staßfurt, wollte erfahren, wie es nun weitergehen kann. Er solle erstmal gesund werden und könne problemlos beim nächsten Kurs wieder einsteigen, erinnert er sich an das Gespräch. Ob das Auswirkungen auf die Zahlungen habe, wollte Kowatzki wissen. Nein, sei ihm gesagt worden, er solle erstmal den Anhörungsbogen abwarten. „Es klang alles so, als ob es keine Probleme gibt“, bestätigt auch Kowatzkis Frau Christine, die mit in Staßfurt war. „Für uns war das alles beruhigend.“
Doch beim Blick auf die Kontoauszüge vom Februar wussten beide, dass das nicht stimmt. Statt der 1 100 Euro wie sonst wurden nur rund 35 Euro überwiesen. Zwei Tagessätze auch waren abgezogen worden wegen einer fehlenden Krankschreibung für den 7. und 8. Januar. Aber darüber streitet Kowatzki nicht.
Die Begründung für die Einstellung der Leistungen zum 4. Februar erhielt der Dessauer mit Schreiben vom 7. März. Der Bescheid über die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (also die Qualifizierung) sei durch eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen fehlerhaft geworden, heißt es dort. Aufgrund seiner Krankheit könne er das Ausbildungsziel nicht erreichen, so die Behörde. Der Rentenversicherungsträger bezieht sich dabei auf die Mitteilungen der Bildungseinrichtung. Die er, wie Kowatzki feststellt, von sich aus aufgesucht hatte. „Bin ich jetzt der Dumme und Schuld an der Misere, weil ich die Wahrheit über meine Erkrankung gesagt habe“, fragt er bitter enttäuscht.
Nach dem Gespräch in Staßfurt war ihm zwar schriftlich schon die Einstellung des Übergangsgeldes angekündigt worden, doch das lehnte er ab. Am 26. Februar gab es noch ein Telefonat, wo ihm die Rentenversicherung empfahl, zunächst Krankengeld zu beantragen, damit die finanzielle Situation der Familie sichergestellt ist.
Doch nichts ist sichergestellt, zumindest nicht im Februar, grollt der Dessauer. Hätte er nicht auf die Hilfe von Mutter und Stiefvater zählen können, wüsste er nicht, wie er hätte die Miete bezahlen sollen. Auch das Jobcenter, lobt er, half um Ostern mit Lebensmittelgutscheinen aus.
Von der AOK erhält Silvio Kowatzki jetzt Krankengeld. „Ab dem 8. März“, ist er froh, dass das geklärt ist. Aber der Februar ist eben offen. „Vom 11. Januar bis zum 7. März ist die Rentenversicherung in der Pflicht“, erklärte AOK-Pressesprecher Ralf Kitzing der MZ die Position der Krankenkasse. Der Rentenversicherungsträger jedoch sieht das anders und die Krankenkasse gefordert. „Denn wenn die Leistung zum Beispiel aufgrund einer langwierigen Erkrankung vorzeitig endet, so endet auch gleichzeitig der Anspruch auf Übergangsgeld“, erklärt Pressereferent Matthias Jäkel. Bei einer Unterbrechung der Leistung aus gesundheitlichen Gründen würde Übergangsgeld für längstens 42 Tage (bei absehbarem Ende der Erkrankung) gezahlt.
Endstation Sozialgericht?
Widerspruch hat Silvio Kowatzki gegen den Bescheid der Rentenversicherung eingelegt. Eine Antwort fehlt allerdings bisher. Das Verfahren ist noch offen. Doch wahrscheinlich, so ahnt der 44-Jährige, wird er wohl vor dem Sozialgericht klagen müssen. (mz)