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Redaktionsplauderei Redaktionsplauderei: Zeitungsmacher aus der alten Schule

Von Silvia Bürkmann 16.07.2003, 19:28

Roßlau/MZ. - Alfred Lüders, heute 90, entstammt der Redaktion und der Zeit der "Roßlauer Neuesten Nachrichten", arbeitete von 1933 bis 1939 für die sechsmal wöchentlich erscheinende Tageszeitung unter Chefredaktion von Franz'l Fröb. Alfred Lüders war für das Blatt in der Hainicht-Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße) eben der "Schweizerdegen", der Fachmann, der sowohl an der Setz- als auch an der Druckmaschine arbeitet, quasi zweischneidig wie die alte eidgenössische Waffe.

Sein Besuch in Roßlau führte Alfred Lüders nun zurück in die eigene Geschichte. Die hat der muntere Senior mittlerweile in einer 343-seitigen "Lebensgeschichte" im Selbstverlag veröffentlicht. Die Kapitel der Roßlauer Zeit nehmen in der Schilderung eines Jahrhunderts fast zentralen Raum ein, denn sie fügen sich wie ein Rahmen um die Kriegsereignisse ab 1939 mit sechsjähriger Kriegsgefangenschaft in Karaganda / Sibirien bis 1950. Zurückgekehrt aus dem Osten kam der Schriftsetzer in Roßlau noch bis 1952 "in der Druckerei von Schlächters" unter, fügte in der Druckerei von Eleonore Ehrlich auch die kirchlichen Nachrichten im Handsatz Type um Type zusammen... "aber der Beruf lag danieder." Umschulungswochen waren angesagt. Und in der Schiffswerft V-Nähte zu schweißen oder Stahlbleche zu brennen. 1955 wurde dann in Holzweißig bei Bitterfeld ein Handsetzer gesucht; anschließend im Dessauer Druckhaus ein Schriftsetzer; die "Schwarze Zunft" hatte Lüders wieder eingeholt.

1956 setzte sich Alfred Lüders in Hildesheim für 20 Jahre hinter eine Linotype-Maschine und dort bis 1976 die Fachzeitschrift der Deutschen Orchideen Gesellschaft. "Als ich im November in Rente ging, ging für uns auch die Ära des Bleisatzes zu Ende. Ab dann übernahmen Fotosatz und Offset-Druckmaschinen das Regiment." Seine alte Linotype-Setzmaschine hat Rentner Lüders unlängst im Lüneburger Museum wieder entdeckt...

Wieder und neu entdeckt hat Alfred Lüders in diesem Sommer auch seine Heimatstadt. Von Edith Günther und seinem alten Roßlauer Bekannten Herwig Forth gelotst, widerfuhren dem Besucher immer wieder "erhoffte wie auch unverhoffte Begegnungen mit lieben Menschen"... resümiert er in einem spontanen Brief an seine Nachfolger im Roßlauer Zeitungsgeschäft.