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Projekt "Wilde Mulde" Projekt "Wilde Mulde": Der Startschuss fällt mit dem richtigen Pegelstand

Von Annette Gens 13.02.2017, 14:10

Dessau - Wann es losgeht, das ist noch offen. Die Bäume sind noch nicht gefällt. Die Mulde ist mit schwerem Gerät aufgrund der derzeitigen Wassertiefe nicht befahrbar. Doch die Firma ist beauftragt. Das erste Teilprojekt „Wilde Mulde“ startet, sowie die Rahmenbedingungen stimmen, ist Heiko Schrenner, Projektleiter „Wilde Mulde“ bei der Naturschutzorganisation WWF optimistisch.

Das Projekt „Wilde Mulde“ soll zur Aufwertung des Flusses beitragen

Das städtische Amt für Umwelt und Naturschutz hat bereits Mitte Dezember die Genehmigung zur Einbringung von sieben Raubäumen in die Mulde erteilt. Die Bäume können nahe der Dessauer Jagdbrücke und bei Törten zur ökologischen Aufwertung des Fluss- und Auenökosystems mit einem Stammdurchmesser von etwa einem Meter und einer Länge von 20 Metern fest im Flussbett eingebaut werden.

Die Genehmigung, so teilt die Stadtverwaltung im besten Amtsdeutsch mit, „bündelt neben der wasserrechtlichen Entscheidung auch die Genehmigungen nach Naturschutz- und Denkmalrecht. Die Standorte für den Einbau liegen nördlich der Jagdbrücke sowie westlich der Brücke der Bundesautobahn A9.“

Das Interesse am Projekt „Wilde Mulde“ scheint in Törten größer zu sein als in Waldersee

Lange war um das wissenschaftliche und vom Bund geförderte Teilprojekt gestritten worden, erinnert Schrenner und blickt mittlerweile auf viele konstruktive Diskussionen zurück. Vor allem Waldersees Ortschaftsrat hatte lange gegen das Projekt gekämpft.

„Wir versuchen nach wie vor offen mit dem Projekt umzugehen“, versichert Schrenner und erinnert an Kompromisse, die vor der Genehmigung geschlossen worden waren. Festgezurrt wurde beispielsweise, dass die Bäume bei Gefahr während des Projektzeitraums vom WWF aus dem Fluss entfernt werden müssen.

Nach Projektende ist der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft für die toten Bäume zuständig. Der ehemalige Ortschaftsrat Törten hatte darüber hinaus darum gebeten, eine Stelle am Ufer, die bislang stark der Erosion ausgesetzt ist, durch den Einbau eines Baumes zu schützen. „Wir haben den Eindruck, dass die Törtener an unserem Projekt großes Interesse haben“, freut sich Schrenner über das konstruktive Miteinander.

Treibholz in der Mulde soll wissenschaftlich erforscht werden

Wieviel Totholz die Mulde in jedem Jahr mit sich führt, das kann momentan niemand sagen, soll aber während des Projektzeitraums zusätzlich untersucht werden. Es besteht die Möglichkeit, dass genau diese Frage durch künftige Geoinformatiker der Hochschule Anhalt beleuchtet wird, ist der Projektleiter des WWF froh über den Kooperationsansatz mit der Hochschule. Geplant ist, das im Fluss treibende Holz mit einem Sender auszustatten, um zu erforschen, wie beweglich Treibholz im Wasser wirklich ist.

Vor der Genehmigung des Teilprojekts hatte die Naturschutzorganisation darüber hinaus detaillierte Plan- und Berechnungsunterlagen beizubringen, aus denen hervorgeht, dass der Hochwasserabfluss der Mulde durch das Vorhaben nicht nachteilig beeinflusst wird und die Hochwasserschutzanlagen entlang des Flusses nicht beschädigt werden. Die Genehmigung sieht aber auch vor, dass noch in diesem Winter im Fluss gebaut wird.

Der Wasserstand der Mulde könnte den Zeitplan durcheinander bringen

Genau da sieht der WWF momentan noch das Problem. Die gefällten Hybridpappeln, die eingebaut werden sollen, können nur mit einer sogenannten Moorraupe zu ihren künftigen Standorten transponiert werden. Dieses Kettenfahrzeug kann nur bis 1,30 Meter Wassertiefe arbeiten. Die Mulde aber führt momentan weitaus mehr Wasser mit sich. Die durchschnittliche Tiefe betrug am vergangenen Wochenende 1,60 Meter. Die bauausführende Firma steht in den Startlöchern.

Das Projekt „Wilde Mulde“ umfasst weitaus mehr als das Einbringen von Totholzbäumen in den Fluss. Wann die weiteren Teilprojekte starten, das ist offen. Doch eines versichert Schrenner: „Wir werden mit dem Projekt weiter offen umgehen. Und in den weiteren noch ausstehenden Genehmigungsverfahren wird immer das Gesamtprojekt betrachtet. Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, eine Salamitaktik zu betreiben.“ (mz)

Anfang 2016 ist das Projekt „Wilde Mulde“ offiziell gestartet, Träger ist der WWF. Für fünf Millionen Euro soll in den nächsten fünf Jahren der Fluss auf einem 24 Kilometer langen Abschnitt zwischen Retzau und Dessau noch naturnaher und die Folgen wissenschaftlich untersucht werden.

Der WWF will sieben Totholzbäume verankern, einen Seitenarm an die Mulde anschließen, Porphyrschotter aus einem Uferbereich entfernen und eine Hartholzaue wieder entwickeln.

In dem von Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekt werden Maßnahmen für den Naturschutz gemeinsam mit Forschungsvorhaben durchgeführt.

Nahe der Elbmündung wird die Untere Mulde geprägt durch Kiesbänke, Abbruchkanten und kleine Inseln. Als „wild“ wird die Mulde deshalb bezeichnet, weil der Fluss in diesem Abschnitt noch zum Teil unverbaute Ufer und eine dadurch vitale Flussdynamik in Interaktion mit naturnahen Auenbereichen vorweisen kann. Dadurch weist dieses Gebiet eine hohe Artenvielfalt auf und bietet seltenen Pflanzen und Tieren einen Lebensraum.