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Probleme bei Finanzierung Probleme bei Finanzierung: Neubau der Synagoge Dessau ist ins Stocken geraten

Von Lisa Garn 20.05.2019, 12:36
An dieser Stelle soll die Synagoge errichtet werden.
An dieser Stelle soll die Synagoge errichtet werden. Sebastian

Dessau - Vor sechs Monaten hatte es den symbolischen Auftakt für den Bau einer Jüdischen Synagoge in Dessau gegeben - doch geschehen ist seitdem nichts. Kein Spatenstich auf dem Grundstück Askanische Straße und Kantorstraße. Keine Lösung bei der Finanzierungslücke von 300.000 Euro für das 1,7-Millionen-Euro-Vorhaben.

Jüdische Gemeinde in Dessau hat derzeit viele Fragezeichen

Mit Folgen: Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Dessau fürchtet um den Fortgang des Gesamtprojekts. „Wir wissen im Moment nicht, wie es weiter geht. Die Finanzierung ist nicht gesichert“, sagt Alexander Wassermann. Die Kritik geht vor allem in Richtung Bund - weil zu lange keine Entscheidung getroffen würden. Aber auch das Land Sachsen-Anhalt hatte Hilfe in Aussicht gestellt. „Es gibt Gespräche auf politischer Ebene, aber es ist kein Ende in Sicht“, sagt Wassermann. „Wir haben viele Fragezeichen.“

Die Stadt Dessau-Roßlau hatte der Gemeinde am 8. November 2018 das Grundstück feierlich übergeben. Entstehen soll der Bau an jenem Ort, an dem bei der Reichspogromnacht am 9. November 1938 die Synagoge geplündert und niedergebrannt wurde. Der Eröffnungstermin am 9. November 2020 könne aber schon jetzt nicht gehalten werden, schätzt Wassermann. Statt in diesem würden die Hauptarbeiten vermutlich erst im kommenden Jahr starten können.

Bislang wurden bei der Synagoge Dessau nicht alle Zusagen eingehalten

„Es gab Versprechen. Wir hoffen, dass die Zusagen zur Unterstützung eingehalten werden“, erinnert Wassermann. Am Donnerstag wurde das Problem in Dessau mit Thomas Webel (CDU), Sachsen-Anhalts Minister für Landesentwicklung und Verkehr, besprochen. Am 24. Mai will Wassermann mit Oberbürgermeister Peter Kuras und Vertretern der Jüdischen Gemeinde sowie der Dessauer Kurt-Weill-Gesellschaft nach Berlin ins Innenministerium fahren. Es gibt einen Termin mit Bundesminister Horst Seehofer (CSU).

Um die Finanzierung der Dessauer Synagoge wird seit langem gerungen. Weil der Synagogenbau in Magdeburg für Sachsen-Anhalt Priorität hat, mussten alternative Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden.

Rund 1,4 Millionen Euro sind bisher zusammen gekommen, unter anderem von der Jüdischen Gemeinde, dem Zentralrat der Juden und Privatspenden (300 000 Euro), der Stadt (100 000 Euro Baukostenzuschuss plus Grundstück im Wert von 95 000 Euro) und Lotto Toto (300 000). Der Bund hatte zur Grundstücksübergabe die Summe von 700 000 Euro zugesagt. „Bis heute haben wir die Mittel nicht bekommen. Damit fehlt eigentlich eine Million Euro“, sagt Wassermann. „Im Gespräch mit Herrn Seehofer wird es darum gehen, dass der Bund die Summe frei gibt.“

2019 muss zumindest noch der Spatenstich erfolgen - sonst verfallen die Lotto-Gelder

Die Zeit drängt. 2019 muss zumindest ein Spatenstich oder eine Grundsteinlegung erfolgen – sonst verliert die Jüdische Gemeinde die Fördermittel von Lotto Toto. „Wir können nur Geduld haben, aber die ist langsam aufgebraucht“, sagt Wassermann. Sollte jetzt noch mehr Zeit vergehen, seien mit Blick auf den starken Preisanstieg in der Baubranche auch die 1,7 Millionen Euro als Gesamtkosten nicht zu halten.

Kritik gibt es in Dessau-Roßlau inoffiziell auch an Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der mehrfach Unterstützung für den Neubau zugesagt hatte. Haseloff selbst spricht auf Anfrage von einem Missverständnis. „Ich habe nie gesagt, dass sich das Land finanziell am Bau in Dessau beteiligt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag zum Projekt einer Synagoge in Magdeburg bekannt, dafür werden Mittel im Haushalt bereit gestellt.“ Dort sind 2,8 Millionen eingeplant, frühestens 2021 soll die Synagoge eingeweiht werden.

Unabhängig davon habe er aber den Bau in Dessau „immer als Person unterstützen“ wollen, sagt Haseloff, „getrennt vom Amt des Ministerpräsidenten. Damit nicht der Eindruck entsteht, dass dieses Projekt zulasten anderer geht. Ich wünsche mir, dass beide Vorhaben realisiert werden.“

Die ursprünglich geschätzte Bausumme in Höhe von 1,4 Millionen Euro sei im Übrigen abgedeckt gewesen. Aber durch neue Sicherheitsanforderungen an solch einen Bau hätten sich die Kosten um 300 000 Euro erhöht, sagt der Ministerpräsident des Landes, ohne auf Details eingehen zu wollen.

Ministerpräsident Haseloff verweist auf zwei Optionen

Nun sind laut Haseloff zwei Optionen im Gespräch, die auch zusammen greifen könnten. So würden Gespräche mit einer Stiftung geführt, die Projekte in den Bereichen Bildung, Kunst und Kultur fördert. Den Namen will Haseloff offiziell nicht nennen. Und: Nachdem eine direkte Förderung verworfen wurde, könnte auch eine indirekte Städtebauförderung des Landes die Finanzierungslücke schließen. Der Plan: Eigenmittel der Stadt könnten durch zusätzliche Fördermittel ersetzt werden. So würden im städtischen Haushalt Mittel frei.

Oberbürgermeister Peter Kuras sieht noch „kleinen Rest“

Wann Klarheit über die Gesamtfinanzierung besteht, ist aber offen. „Ich wünsche mir und bin mir auch sicher, dass dieses Projekt realisiert wird“, so Haseloff. Daran hält auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras fest: „Der Neubau der Synagoge soll ein klares, weit strahlendes Zeichen für ein offenes, tolerantes und freiheitsliebendes Dessau-Roßlau setzen.“ Dafür fehle „nur noch ein kleiner Rest“. (mz)