Neujahrsempfang in Waldersee Neujahrsempfang in Waldersee: Wilde Mulde nicht gewollt

Waldersee - Waldersees Bürger- und Heimatverein und der Ortschaftsrat können sich rühmen, auch 2015 zu einem der ersten Neujahrsempfänge im Land eingeladen zu haben. Bereits am 2. Januar kamen im Rathaus der Ortschaft Vertreter aus Vereinen, Unternehmen, der Politik und der Kirche zusammen, um Bilanz zu ziehen, auf Ereignisse des Jahres 2015 vorauszublicken, vor allem aber um gute Gespräche in angeregter Runde zu führen, die oft mit Rück- und Ausblicken zusammenhängen.
Thema Nummer eins ist dabei in Waldersee seit Jahren der Hochwasserschutz. Auch wenn es 2014 kein akutes Ereignis gab. Ortsbürgermeister Lothar Ehm weist trotz der erheblichen Fortschritte - die er auch stets lobend anerkennt - immer wieder auf Problemstellen hin.
Jonitzer Mühle gesichert
Diesmal würdigte Ehm die Arbeiten an der Jonitzer Mühle als einen räumlich kleinen und dennoch sehr großen Schritt. „Das in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgebrannte Gebäude der Jonitzer Mühle wurde mit einer aufwendigen Konstruktion aus Stahlbeton stabilisiert“, erklärte er. „Falls ein Hochwasser heftig gegen die ausgebrannten Wände drücken sollte, können wir jetzt zuversichtlicher sein, dass diese dem Druck standhalten.“ Für diese nicht sehr billige Maßnahme, wie sie Ehm bezeichnete, dankte er dem Land und dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ausdrücklich. Um dann nachzuschieben, dass es noch eine Liste von 30 Restmängeln im Hochwasserschutz um Waldersee gebe, deren Abarbeitung der Ortschaftsrat so lange beharrlich fordern werde, bis sie erledigt seien.
Sorgenvoll blickte der Ortsbürgermeister aber auf 2015. Für dieses Jahr hat die Naturschutzorganisation „World Wide Fund For Nature“ (WWF) angekündigt, das Projekt „Wilde Mulde“ starten zu wollen, das über fünf Jahre angelegt ist und vom Bundesministerium für Umwelt und Forschung gefördert wird. Dabei soll die Mulde zwischen Retzau im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und der Mündung in die Elbe zwischen Dessau und Roßlau zur Wildflusslandschaft renaturiert werden.
Dieses Vorhaben habe die Ortschaftsräte von Waldersee, Mildensee, Kleutsch und Sollnitz sehr beunruhigt, betonte Ehm in seiner Rede. Die Konsequenzen der Verwilderung einer über Jahrhunderte gestalteten Kulturlandschaft seien weder den Geldgebern noch den Projektbetreibern bekannt. Aber: „Hier leben Menschen, die von einem ausgeklügelten und gepflegten Hochwasserschutz sehr abhängig sind.“ Deshalb appellierte Ehm an diesem Abend im Namen der betroffenen Ortschaften an den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff, den Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister Peter Kuras und die Bundes- und Landtagsabgeordneten Ulrich Petzold (CDU) und Frank Hoffmann (Die Linke) sowie Stadträte: „Stoppen Sie diesen Unsinn sofort.“
Vorhaben wird noch einmal geprüft
Er werde sich mit dem Oberbürgermeister die Überlegungen noch einmal vorstellen lassen, versprach Reiner Haseloff (CDU). Der Sicherheit der hier lebenden Menschen habe sich alles andere unterzuordnen. Er wisse sehr wohl, dass in dieser Kulturlandschaft jeder Quadratmeter nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustand sei. Auch würden alte anhaltische Karten zeigen, wie fragil das System hier sei, was Hydrologie und Hochwasserschutz anbelangt.
„Ich habe das Gefühl, dass das Land an unserer Seite steht“, sagte Oberbürgermeister Kuras. „Wir brauchen das Land Sachsen-Anhalt und seine Unterstützung bei vielen Vorhaben, die wir stemmen und noch stemmen müssen“. Wobei er dabei insbesondere auf den Bau des Bauhausmuseums und dessen Finanzierung einging und die damit einhergehende Umgestaltung der Kavalierstraße. Er sprach von Parkplätzen und einem verschönerten Umfeld, von Stadtumbau und Veränderung der Verkehrsinfrastruktur. Er denke aber, dass „wir gegenüber dem Land mit einer Sprache sprechen“, sagte er mit Blick auf den Stadtratsvorsitzenden Lothar Ehm.
Bei den anschließenden Gesprächen in lockere Runde in Waldersee wurde dieser Eindruck jedenfalls bestätigt. (mz)