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Nach öffentlicher Kritik Nach öffentlicher Kritik: Dessauerin kümmert sich um Grabstätte der Herzöge von Anhalt

Von Sylke Kaufhold 29.11.2018, 13:57
Kerstin Franz hat das herzögliche Grab hergerichtet.
Kerstin Franz hat das herzögliche Grab hergerichtet. Thomas Ruttke

Dessau - Erika blüht, das Holzkreuz steht gerade und ist nicht mehr von Unkraut überwuchert: Das Grab der herzoglichen Familie von Anhalt auf dem Friedhof in Ziebigk wurde hergerichtet.

Kerstin Franz war der gute Geist. Die Dessauerin hatte den MZ-Beitrag „Teure Tote“ gelesen, in dem dargestellt wurde, dass die herzogliche Familie, die 1958 in einer Grabstätte beigesetzt wurde, bis heute keinen Grabstein hat.

„Ich wusste das bis dahin nicht und war fassungslos, als ich das las“, erzählt die engagierte Dessauerin, die sich intensiv mit der Geschichte der fürstlichen Familie beschäftigt. Solch ein Umgang mit den Begründern Anhalts hält Kerstin Franz für respektlos. „Wir haben den von Anhalts das Gartenreich und damit unseren Unesco-Welterbetitel zu verdanken.“

Das „traurige Kreuz“, freigeschnitten, Unkraut entfernt und sauber gemacht

Das abgebildete Foto der Grabstätte hat Kerstin Franz schließlich zu einem schnellen Entschluss gebracht. „Ich habe ein paar Sachen zusammengepackt und bin hin.“ Es sei der Samstag vor Totensonntag gewesen und sie habe der Ruhestätte zu diesem Tag „ein bisschen Würde zurückgeben“ wollen. „Es war mir eine Herzensangelegenheit“, sagt sie.

So sehr viel habe sie gar nicht gemacht, wehrt sie bescheiden ab. Sie habe das „traurige Kreuz“, freigeschnitten, Unkraut entfernt und sauber gemacht. „Von zu Hause hatte ich ein paar Pflanzen, Erika und Stacheldraht, sowie ein bisschen Tannengrün mitgebracht und damit die Grabstätte gestaltet.“

Am Ende ihres kleinen Arbeitseinsatzes sei es sogar noch eine Gemeinschaftsarbeit geworden, berichtet Kerstin Franz. Ein Herr und eine Dame, die ebenfalls auf dem Friedhof waren, hätten spontan ihre Hilfe angeboten und Tannengrün zum Abdecken des Grabes gebracht. „Sie hatten sich sehr gefreut, dass endlich mal einer was macht an der herzoglichen Ruhestätte.“

Kerstin Franz: „Ich werde auf jeden Fall noch ein bisschen was tun“

Für Kerstin Franz soll es nicht der letzte Einsatz gewesen sein. „Ich werde auf jeden Fall noch ein bisschen was tun“. Die Stadt Dessau-Roßlau entbinde das aber dennoch nicht von ihrer Pflicht, betont sie. „Es muss eine politische Lösung gefunden werden“, findet die Dessauerin, „das kann nicht die letzte Ruhestätte der Fürstenfamilie sein.“

Beigesetzt worden sind die Toten der Herzogsfamilie bis 1936 im Herzoglichen Mausoleum im Friedrichspark. Dieser wurde 1958 in einen Tierpark umgestaltet. Im Zuge dessen wurden die Särge aus dem Untergeschoss des Mausoleums entfernt und die sterblichen Überreste in einem Grab auf dem Ziebigker Friedhof abgelegt.

Ohne Grabstein. Bei diesem Provisorium ist es bis heute geblieben. Ein Zustand, der nicht nur Kerstin Franz aufregt. Viele Dessauer haben in den sozialen Medien ihren Unmut darüber kundgetan. „Für mich spiegelt das den meiner Meinung nach zu geringen Stellenwert wider, den das Gartenreich in der Stadt hat“, so Kerstin Franz.

Am Donnerstag hat sich auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras zu Wort gemeldet

Am Donnerstag hat sich auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras zu Wort gemeldet. „Die Frage, was mit dem Grab geschehen soll, muss dringend geklärt werden“, sieht das Stadtoberhaupt Handlungsbedarf. Es könne nicht in dem jetzigen Zustand verbleiben.

Im März 2015 waren auf Initiative der Evangelischen Kirche die sterblichen Überreste von Mitgliedern der Herzoglichen Familie in die Gruft der Marienkirche umgebettet worden. „Es war ein erster Schritt, dem jetzt ein zweiter folgen soll“, so OB Peter Kuras. Wie die konkrete Lösung aussehen werde, sei noch offen, aber: „Ziel muss eine adäquate Lösung sein, in der sich die Öffentlichkeit, aber auch die Familie von Anhalt wiederfinden.“ Für diese Lösung favorisiert Kuras einen Runden Tisch unter Moderation des Landes Sachsen-Anhalt. (mz)