Nach der Katastrophe Nach der Katastrophe: Zeitweiliges Zuhause in der Michelner Schlüppe
Micheln/MZ/mb. - Auch wenn die schrecklichen Minuten schon ein paar Tage hinter ihnen liegen - wenn sich der Wind hebt an diesem Nachmittag, dann bekommen die Frauen in der Michelner Schlüppe sofort einen wachsamen Blick und ziehen unwillkürlich den Kopf ein. Auch Martina Skusa wirft dann einen schnellen Blick zum Himmel; immer gewärtig, dass wieder ein Tornado seinen Rüssel auf das Dorf senkt. "Das kriegt man nicht so schnell weg, das sitzt in einem drin", ahnt Angelika Mucha und schüttelt sich.
Angelika Mucha steht zu Martina Skusa in einem besonderen Verhältnis - seit Sonnabend sowieso. An diesem Tag nämlich ist Martina Skusa in das Haus gezogen, das von Angelika Muchas Mutter bewohnt wurde, bis diese im Januar starb. Und Angelika Muchas Mutter war vor vielen Jahren Kollegin von Martina Skusa. "In der LPG Löbitzgemüse", erinnert sich die Michelnerin. Auch später habe man immer noch Kontakt gehalten, guten Kontakt.
Als nun die Frage stand, wo Martina Skusa unterkommen würde, wenn ihr Haus abgerissen wird, hat sie Angelika Mucha gefragt und für die gab es kein Zögern: Klar, dass Frau Skusa im Haus der Mutter wohnen darf. "Da hätte ich gleich selbst draufkommen können", ärgert sich Angelika Mucha ein bisschen, "da hätte Martina ihre Möbel erst gar nicht zum Einlagern weggeben müssen." Miete, sagt sie kategorisch, Miete will sie nicht. Strom und Wasser, ja, dass muss die zwischenzeitliche Mieterin zahlen, aber keine Miete, denn "wo kommen wir denn da hin? Wir wollen uns doch nicht bereichern." Mit dem Makler, der einen neuen Käufer für das Haus suchen soll, ist alles abgesprochen: "Wenn ein Interessent kommt, muss sie ihn halt reinlassen und gucken lassen."
Martina Skusa steht an diesem Samstagnachmittag fast ein bisschen verloren auf dem kleinen Hof und sieht zu, wie um sie herum Leute wirbeln, Möbel und Sachen schleppen, Besen und Schrubber schwingen, Fenster putzen. Carmen Schröter beispielsweise, Osternienburgerin und Bekannte von Frau Skusa, ist mit im Gange, hat in der Vorwoche schon vier Tage geholfen, trotz Nachtschicht im Krankenhaus. Marianne und Achim Schröter sen. bauen die Küche zusammen, die Frau Skusa von Leuten aus Pißdorf geborgt wurde, Achim Schröter jun. und Thomas Skusa schleppen Schränke und Stühle, damit das Haus noch bis zum Abend richtig wohnlich wird.
Das übrigens auch vom Tornado geschädigt wurde, wie Frau Mucha erklärt. "Das", sagt sie und zeigt auf einen Teil des Daches, "war alles abgedeckt. Nun ist es wieder in Ordnung."
Martina Skusa wird noch eine ganze Weile warten müssen, bis sie das von ihrem Haus wieder sagen kann. Wo sie - auch wenn es abgerissen werden muss - noch immer oft ist: "Wir haben so viel Zeit und Arbeit reingesteckt, da fällt es sehr schwer, sich vorzustellen, dass es demnächst wegkommt."