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Musikmeile Musikmeile: Feiern, tanzen und trinken bis Ultimo

Von Johannes Killyen 13.05.2001, 15:42

Köthen/MZ. - An der vierten KöthenerMusikmeile hätten sogar Soziologen ihre helleFreude gehabt. Denn eine Bevölkerungsgruppe,die bei dem Freilichtspektakel nicht vertretenwar - die gab es wohl nicht. Da liefen Familienmit großen Tragetaschen und Kinderwagen überden Markt, flanierten Jugendliche in Zweier-bis Zehnergrüppchen durch die Innenstadt,schmiegten sich Pärchen auf Bierbänken zumBlues aneinander, machten sogar Rentner einendrauf. Alle waren glücklich, dass sich KöthensInnenstadt für diesen Samstagabend in eineMega-Party-Meile verwandelt hatte.

An elf Stationen waren Bands postiert, diebis weit nach Mitternacht weder Instrumentenoch Stimmbänder schonten. Und wenn sie dochmal eine verdiente Pause einlegten, dann gabes immer noch mobile musikalische Eingreiftruppen.Die Melonas zum Beispiel, die nach dem Motto"Wir spielen dort, wo andere nicht spielen"ihre volkstümliche Blasmusik durch die ganzeInnenstadt trugen. Zwischendurch trafen siein der Schulstraße auf eine herum streifendeDudelsack-Kapelle und vereinten sich mit dieserzum fröhlich-anarchischen Musikzug. Gleichzeitighörte man aus Richtung Jakobskirche die "Jokes"mit dem Puhdys-Song "Alt wie ein Baum", vomBachdenkmal schickte die hallesche Band "Treibholz"ihren 70er-Jahre-Sound herüber.

Zwischen Theater und Halleschem Turm war teilweisekein Durchkommen mehr - für Renate Falke undErika Clasen jedoch kein Problem, denn siewollten ohnehin nicht mehr weiter. Alle Stationender Musikmeile hatte sie sich angesehen, dochbei der Tobac Dance Band mit ihrem deutschenSchlagerprogramm waren die beiden Rentnerinnenhängen geblieben. "Wir warten hier, bis unseiner mitnimmt", erklärten sie fidel. Nebenanhatte eine Gruppe ausländischer Jugendlichergerade einen tanzenden Kreis um einen nichtmehr ganz nüchternen und ebenfalls tanzendenZeitgenossen im Trainingsanzug gebildet. Undimmer wieder waren im Menschengewühl die gleichenRufe zu hören: "Mensch, du hier", "Prost,Meiner", "Hey, Alter". Man lag sich in denArmen, trank, tanzte und feierte.

Freilich ging es nicht überall so ekstatischzu wie vor dem Halleschen Turm, auf dem Deckder Sparkassen-Tiefgarage, wo die Band "TAU"postiert war oder auf dem Holzmarkt - da ließendie Altrocker von "Pendel" ihre Gitarren aufheulen.Nein, es gab auch ruhigere Ecken für Genießer,etwa in der Schlosspassage mit "Silence" ausBernburg oder in der Kleinen Wallstraße, wo"Last Fair Deal" aus Leipzig Blues vom Feinstenboten.

Für Andreas Kalz und seine Frau Annette ausWerdershausen genau das Richtige. "Live isteben live", schwärmten sie, "da geht nichtsdrüber". Nur die Beleuchtung auf dem Marktplatz,fand Herr Kalz, hätte etwas besser sein können.Dem Waldschänken-Wirt Günther Falke - er wardort für die Nahrungszufuhr zuständig - machtedie verhältnismäßige Ruhe in der Wallstraßedagegen doch etwas zu schaffen. Während seineKollegen sich an anderen Standorten der Musikmeileüber ein blendendes Geschäft freuen konnten.Etwa auf dem Markt, wo die "No Names" spielten.

Letztere waren übrigens auch die Favoritenvon Jeannette Lang aus Cösitz und StefanieZschörner aus Weißandt-Gölzau. Die beiden18-jährigen Gymnasiastinnen waren zum erstenMal auf der Kneipenmeile unterwegs und besterLaune - wie eigentlich alle an diesem Abend.Citymanager und Organisator Jürgen Busch fasstedie Begeisterung in nüchterne Worte: "DieKneipenmeile ist bei den Köthenern so gutangekommen wie erhofft." Für künftige Auflagenwill Busch lediglich für etwas mehr Beleuchtung,etwa hinter der Sparkasse, sorgen und in derKleinen Wallstraße eventuell einen zweitenStandort etablieren, "um den Kreis zu schließen".

Ein schönes Fazit lieferte auch eine fünfköpfigeJugendgruppe, die sich auf dem Markt geradeaus ihrem hellblauen Trabant schälte: "Wär'schön, wenn in Köthen immer so viel los wäre."