Münzen Münzen: Ist Kleingeld in Dessau-Roßlau unerwünscht?

Dessau - Wenn Günther Zosgornik Preisschilder wie „19,99 Euro“ liest, schüttelt er den Kopf. Der Senior kann diese Preispolitik nicht nachvollziehen. „Dann kann man doch auch gleich 20 Euro verlangen“, sagt der Senior aus Dessau.
Daher fände er es auch gut, wenn die Ein- und Zwei-Cent-Münzen aus dem Bargeldverkehr gezogen werden. Die Fünf-Cent-Stücke hingegen sollten bleiben, findet Günther Zosgornik.
Dass das Kleingeld nicht nur Käufer, sondern auch Händler nervt, zeigt ein aktueller Fall aus Merseburg. Marco Drexler, Inhaber des Geiseltaler Hofladens im Merse-Center, verzichtet seit Kurzem bewusst auf Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Stücke, da für ihn die Wechselgebühren bei der Bank in Relation zu den Einnahmen zu hoch sind. Für zehn Euro zahle er fünf Euro Gebühren.
Wird ohne Münzen alles teurer?
Dessauer Händler haben jedoch wenig Verständnis für dieses Verhalten. Im Gegenteil, gerade Kleinhändler müssen mit den bronzefarbenen Münzen rechnen. „Ein Bäcker muss wechseln können“, erklärt Chris Bär, Vorsitzender des Dessauer Händlerverbands Citynet. Er verstehe zwar Händler, die auf Kleingeld verzichten möchten, jedoch wäre das nicht richtig.
Die Vorstellung, die Münzen gänzlich abzuschaffen, hält Bär für realistisch, sieht das aber auch kritisch: „Dann würde alles teurer werden.“
Das befürchtet auch Kerstin Lange, Mitarbeiterin der Dessauer Bumüller-Bäckerei. „Ich bin mir nicht sicher, ob der Kunde das letztlich zahlen will“, so die 47-jährige Verkäuferin. In dem Backladen halten sich einkommende und ausgehende Kleinmünzen die Waage, so dass kein großer Wechselbedarf bei der Bank entstehe. „Die Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Münzen sind wichtig, wir müssen ja auch rausgeben können“, konstatiert die Verkäuferin.
Psychologischer Effekt bei Butter und Co.
Ähnlich sieht es auch Susanne Bönicke, Mitarbeiterin im Witte-Blumengeschäft. „Auf die Ein-, und Zwei-Cent-Münzen können wir zwar verzichten, aber die Fünf-Cent-Münzen sind schon wichtig“, erklärt sie. Wechselprobleme habe das Geschäft nicht, da es selten überschüssiges Münzgeld gebe, das Bankgebühren verursache.
Die Schwellenpreise von 99 Cent oder ähnlichen Werten findet Citynet-Vorsitzender Chris Bär gut: „Wie teuer ist ein Stück Butter? Viele wissen das auf den Cent genau.“ Der psychologische Effekt, dass das Produkt günstiger wirke, wenn der Preis wenige Cent unter dem nächsten Vollwert liegt, gehört für Bär dagegen der Vergangenheit an: „Ich weiß nicht, wer sich davon noch täuschen lässt.“ Bär selbst nutzt die Münzen täglich - und was übrig bleibt, kommt in die Spardose der Tochter. „Sie sammelt das gerne.“
Beim Einzahlen auf die Bank fallen Gebühren an
Dass Händler Wechselgeld von den Kunden bekommen und für dieses beim Einzahlen bei der Bank Gebühren zahlen müssen, ist kein neuer Hut. Jedoch ist die Rechnung nicht ganz so einfach, weiß Kathrin Abe, Pressesprecherin der Dessauer Stadtsparkasse.
Letztendlich hängt es davon ab, auf welchem Weg der Händler das Geld wechselt und wie hoch die Gebühren des jeweiligen Geldinstituts sind. Ob Automaten, Kasse oder Safebag - alle Münzen müssen laut Richtlinie der Bundesbank auf Echtheit überprüft werden, so Abe.
Die Sparkasse nutzt dafür die sogenannten Safebags - ein Sicherheitsbeutel, der mit Münzen gefüllt und dann ungeöffnet von der Bank an einen externen Dienstleister geschickt wird, der den Inhalt auf Echtheit überprüft. „Wenn ein Händler nur zehn Euro in den Safebag legt, dann muss er die Pauschale von fünf Euro zahlen. Allerdings ist das Fassungsvermögen größer.“
Die Befüllung der Safebags variiere je nach Stückelung zwischen 100 und 1.000 Euro. In einen Beutel passen bis zu vier Kilo Münzen, beginnend bei Ein-Cent-Münzen bis hin zur Zwei-Euro-Münze, so Abe. Früher wurden vorrangig Rollen genutzt, die aber auch wie die heutigen Safebags nicht gebührenfrei waren.
Ohne Bargeld sind wir „völlig gläsern“
Ohne Mehrkosten können nach wie vor Startkonto- und Sparbuchnutzer Münzen einzahlen. In Zukunft, so glaubt sie, werde aber der Trend zum bargeldlosen Bezahlen zunehmen: „Die Tendenz geht dahin. Dieser Entwicklung kann man sich nicht verschließen.“ Die Bargeldversorgung sei teuer, der dafür erforderliche sichere Transport und die Logistik koste.
Dass damit auch interessante Datensätze entstehen, wer wann wo eingekauft hat, wird mit dieser Tendenz allerdings auch zunehmen. An dieser Stelle fragt sich Christian Bär, wie gefährlich die Zukunft werden kann. „Ohne Bargeld sind wir völlig gläsern“, so der Citynet-Vorsitzende. (mz)