Mitarbeiter gründen ihre eigene Firma
Dessau/MZ. - Im Sommer war das Ende da. Eine der bekanntesten Malerfirmen Dessaus, die Palette, meldete Konkurs an. 54 Leute hatten zum Schluss dort gearbeitet, in Spitzenzeiten waren es 200. Wer sich nicht als Meister selbstständig machen konnte oder wollte, dem blieb die Arbeitslosigkeit mit mäßigen bis geringen Chancen auf einen Wiedereinstieg.
Die Palette ist tot, es lebe die Palette. Seit dem 2. September gibt es wieder einen Malerbetrieb am angestammten Ort in der Wasserstadt. Nicht die alte Firma wurde wiederbelebt, sondern eine neue gegründet mit leicht abgewandeltem Namen: Dienstleistungsgemeinschaft für Werterhaltung und Verschönerung (DWVG) Palette nennt sie sich jetzt. Elf Mitarbeiter hat die neue Palette. Und elf Eigentümer. Denn die Firma ist eine Genossenschaft und Volkmar Barycza deren neuer Chef. Er solle es machen, hatten die anderen gesagt. Barycza hat zugestimmt und seither manch schlaflose Nacht.
Zwar ist er Gleicher unter Gleichen, für den Erfolg oder Misserfolg der Firma sind alle verantwortlich, doch an ihm hängt es, Aufträge hereinzuholen. Bislang gelingt das erstaunlich gut: "Es gibt Kunden, die an uns hängen." Jahrelang haben sie mit der alten Palette zusammengearbeitet, jetzt versuchen sie es mit der Nachfolgerin.
Hilfe und Beratung fanden sie dabei beim Nachbarn, dem vdp Mitunternehmerverband. Dessen Chef Gerd Schaumann zieht seit mehr als einem Jahrzehnt durch die Lande und propagiert das Genossenschaftsmodell, das Arbeitnehmer zu Eigentümern macht. Zwar hat dies durchaus Tradition - für die der Name Raiffeisen steht -, doch haben in Deutschland Genossenschaften nie die Rolle gespielt, wie etwa in Frankreich. Mit einer Ausnahme: In der DDR ging die Zahl der Genossenschaften in die tausende. Als der Staat verschwunden war, galten diese Unternehmensform als irgendwie belastet, viele Genossenschaften wurden umgewandelt - nicht immer zum Vorteil ihrer Mitglieder. Schaumann hat die neue Firma beraten.
"Es bringt nichts", ist Schaumann überzeugt, "auf das große Geld zu warten, das irgendwer nach Dessau trägt." Über Schaumann ist der Kontakt zur Initiative Dessau gelaufen, einem EU-geförderten Projekt, das neues Unternehmerpotenzial erschließen soll. Die hat Kontakte nach Lyon vermittelt, wo Illusionsgemälde riesige Mauern zieren. Eine Firma, die die Technik beherrscht, will die Palette in die Kunst der Augentäuschung einweihen - damit sie für die Franzosen einen Auftrag in Berlin abarbeitet.