Mit Wucht und Geduld
Bernburg/MZ. - Über dreißig Jahre prägten sie das Bild vom Zementwerk in Bernburg. Nun donnert eine knapp drei Tonnen schwere Abrisskugel gegen die Betonwände des 71 Meter hohen Silos. Stück für Stück brechen Betonteile ab und fallen zu Boden. Die Wucht reicht auch aus, um die doppelte Armierung zu zerstören.
Wie der Turm bald aussehen wird, zeigt das zweite Silo. Von den einst 54 Metern Höhe stehen nur noch knapp dreißig Meter. In der Woche zwischen Weihnachten und Silvester hatte Kranführer Hermann Zamsow den Turm abgerissen und macht sich nun an den zweiten Turm. Mit Gefühl holt der erfahrene Mann mit der Kugel an dem 80 Meter hohen Ausleger Schwung. Sie knallt gegen die Wände.
"Das ist keine leichte Aufgabe", sagt Baustellenleiter Klaus Mühlberg von der Firma TVF Altwert aus Lübbenau, die mit 30 Mann vor Ort ist und die auch zwei Bernburger einstellte. "Hier braucht man einen Mann, der geduldig und mit Augenmaß vorgeht. Da ist Hermann genau der richtige", sagt Mühlberg. Er sei eigentlich schon Rentner. Aber durch die Erfahrung im Umgang mit der Abrisskugel in großer Höhe holt man ihn ab und zu doch noch aus dem Ruhestand. Die Schwierigkeit in der Höhe sei, sagt Mühlberg, mit der Kugel genug Schwung zu holen, dass sie ihre Arbeit verrichtet, aber nicht zu viel, dass der Ausleger gegen die Betonwände kracht oder die Kugel ins Trudeln kommt und den Ausleger beschädigt.
Der Abriss der Silotürme ist erst das Anfang eines großen Abrissprojektes im Bernburger Schwenkwerk. Insgesamt sind es 850 000 Kubikmeter umbauter Raum, der bis Dezember 2005 abgerissen werden soll, sagt Silke Valdeig, Projektleiterin. Die Gebäude stehen auf einer Gesamtfläche von acht Hektar, ergänzt Werkleiter Uwe Müller. Zuvor waren schon die Öfen IV und V, die 1968 und 1970 vom ZAB Dessau gebaut wurden, bereits in Schrott und Schutt zerlegt worden, erklärt Marian Haft, der für den Umweltschutz im Schwenkwerk zuständig ist. Er gibt acht, dass die Schmutzbelastung durch den Abriss nicht die im Tagebau gerade laufenden Messungen für die Staubbelastung verfälschen. Die Öfen und die Silos waren die letzten, die gebaut wurden und sie waren bis 1993 in Betrieb. Danach übernahm das komplett neu gebaute Werk, das zwischen bzw. neben den alten Produktionsstätten wuchs, die Produktion. Das musste, so Müller, mit einem Ofen die Leistung bringen, die zuvor die fünf Öfen erbrachten.
"Wir wollten eigentlich vom Land Fördermittel für den Aufbau einer Infrastruktur bekommen, um hier auf den Gelände Gewerbe anzusiedeln. Doch wir haben eineinhalb Jahre nichts gehört", sagt Müller. So änderte man die Pläne. Rund zwei Millionen Euro wird dem Zementwerk nach Abzug des von der Abrissfirma verwerteten Schrotts der Abriss unterm Strich kosten. Darin enthalten sind aber schon die Kosten für Infrastruktur und den Bau einer neuen Kantine (die alte kommt weg) samt Cafeteria in der Werkstatt.