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Mindestlohn Mindestlohn: Ab August tritt Tariferhöhung in Kraft

Von Annette Gens 25.04.2013, 17:36
Innungsobermeisterin Birgit Herzau im Salon in der Grenzstraße.
Innungsobermeisterin Birgit Herzau im Salon in der Grenzstraße. Sebastian Lizenz

Dessau-Rosslau/MZ - Die Freude ist groß, auch wenn ein wenig Angst hinter dieser Freude steckt. Birgit Herzau, Dessau-Roßlaus Innungsobermeisterin der Friseure, erlebte sie im eigenen Salon mit - diese Freude über eine Entscheidung, die längst überfällig war. Im Friseurhandwerk steht eine Tariferhöhung ins Haus. Am Montag dieser Woche haben sich der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks sowie die Gewerkschaft Verdi darauf geeinigt, bundesweit eines Mindestlohn von 8,50 Euro zum 1. August 2015 einzuführen. Im Osten soll die Erhöhung stufenweise erfolgen.

Unter Dessaus Friseuren wird diese Tariferhöhung größtenteils begrüßt. Nur stellt sich die Frage für die Zukunft: „Wie wir das händeln, steht in den Sternen“, gibt Herzau unumwunden zu. „Wir sind zwar alle begeistert, aber wir wissen auch, die Tariferhöhung wird unseren Kunden draufgeschlagen.“

Die Dessauer PHG Ihr Friseur hat knapp 70 Mitarbeiter. In zehn Geschäften werden Haare geschnitten. Lange schon „geht es bei uns nicht um Gewinn, sondern um die Sicherung der Arbeitsplätze“, erklärt Geschäftsführerin Marion Gautsch und hofft, dass diese Tarifeinigung allgemeinverbindlich wird. Andersfalls stünde mehr Konkurrenz ins Haus. Und an einer anderen Schraube als der mit der Preiserhöhung könne sie nicht drehen.

Wenngleich Carola Klein als mobile Friseurin die Tarifverhandlung derzeit nicht persönlich betrifft, hofft sie schon, dass mit höherem Lohn der Schwarzarbeit nicht weiter Vorschub geleistet wird. „Wer ordentlich verdient, ist nicht mehr gezwungen, nebenher Einkünfte zu erzielen.“ Viele in der Berufsgruppe sind derzeit Hartz-4-Aufstocker, obwohl sie acht Stunden am Tag Leistung bringen, weiß Klein.

Könnten nach Preiserhöhungen Kunden ausbleiben und Arbeitsplätze wegbrechen? - Christel Tempel (Verdi) erinnert an die Einführung der Mindestlöhne im Wach- und Sicherheitsdienst vor zwei Jahren. „Mir ist nicht bekannt, dass in der Branche Arbeitsplätze weggefallen sind“, sagt die Gewerkschafterin. Sie ist sich sicher: Die Mehrkosten müssen sorgfältig kommuniziert werden und die Strategie in etlichen Geschäften wird sich ändern müssen. Haarschnitte für zehn Euro sind unmöglich.

Auch Oliver Heinicke, Friseur in der Zerbster Straße und Mitglied im Verband Intercoiffure, ist überzeugt: Der Mindestlohn wird der Branche guttun. Einher gehen müsse damit nicht nur die Preiserhöhung, sondern in erster Linie eine Leistungsanpassung. Wer Mindestlohn erhalten wolle, müsse mindestens das Vierfache seines Bruttolohnes erwirtschaften. Das ginge seiner Überzeugung nach nur, indem mehr Leistung gezeigt und mehr Dienstleistungen verkauft werden. Seine Firmenphilosophie: „Wir wollen mehr trendiger Wellnessfriseur sein und mehr Dienstleistungen verkaufen. Das wird der Branche guttun.“ Heinicke ist überzeugt, ein Friseur muss mehr wissen, als heute Durchschnitt ist. Da sind auch die Unternehmer gefordert. Und wer gut ausgebildet ist, der kann auch mehr Dienstleistungen anbieten.