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Leute von nebenan Leute von nebenan: Schuhgröße 52 ist gut zu Nikolaus

Von Wladimir Kleschtschow 05.12.2002, 19:15

Gröbzig/MZ. - Ein wahrer Riese ist der 23-jährige Sascha mit seinen 2,17 Metern. Da kann Frau Wittig nicht mithalten: Mit 1,78 Zentimetern ist sie mit Abstand die Kleinste in der Familie.

Es ist gut, groß zu sein", scherzt der Familienvater. "Ein kleiner Mensch muss sich überall erst bemerkbar machen. Ein großer wird dagegen nie übersehen". Das Gespräch findet bei den Wittigs in der Halleschen Straße in Gröbzig statt. Hier hat die Familie ein gemütliches Häuschen, an dem vieles mit eigenen Händen gemacht wurde. Auch der Kamin im Wohnzimmer, der den Raum an diesem nasskalten Abend urgemütlich macht.

Sieglinde Christine Wittig hatte als Musiklehrerin gearbeitet. Heute widmet sie sich voll der Familie. Der Ehemann Karl-Heinz, einst als Maler tätig, ist Arbeiter bei der Stadtverwaltung Gröbzig. Der älteste Sohn Sascha ist Werbegraphiker. Er war ein Jahr in den USA und lebt heute in Frankfurt / Main. Ralf lernt bei der "Spinndüse", der Wetzel GmbH in Gröbzig, den Beruf eines Industriemechanikers.

"Ja, der große Wuchs bringt manche Vorteile mit sich", setzt Karl-Heinz Wittig das Gespräch fort. "Zum Beispiel, wenn man als Maler arbeitet: Man braucht keine Leiter". Er steht auf, streckt den Arm hoch und streicht mit der Handfläche über die Decke. "Dagegen hätte ich als Fußboden-Fliesenleger schon gewisse Schwierigkeiten". Die Decke im Häuschen ist 2,55 Meter hoch. Selbst Sascha, wenn er zu Besuch kommt, hat da noch fast 40 Zentimeter Luft über dem Kopf. Etwas mehr aufpassen müssen die Wittig-Männer, wenn sie durch die Türen gehen: Diese sind nur 1,95 Meter hoch. Also rechtzeitig den

Kopf einziehen - sonst ist eine Beule garantiert. Kein Problem dagegen eine Autofahrt: beim Renault Lagune Kombi klappt es mit dem Einstieg gut, auch ausreichend Raum für die langen Füße ist vorhanden.

Und wie klappt es mit anderen Dingen des Alltags, wenn man deutlich größer ist als die meisten Mitmenschen? Die Betten der Wittigs stammen aus einem normalen Laden, sind 210 Zentimeter lang und für keinen zu klein - bis auf Sascha. Probleme haben die Söhne mit Bettdecken: decken sie sich den Hals zu, schauen am anderen Ende die Zehen hervor. Und umgekehrt. Sascha schaffte sich schon eine übergroße Zudecke an. Wenn die Wittigs eine Ferienreise machen, erkundigen sie sich vorher, wie lang die Betten im Urlaubsquartier sind.

Vorteile, Nachteile... Ist man groß, so kann man zum Beispiel bequem, Kirschen im Garten vom Boden aus pflücken. Äußerst mühsam ist dagegen die Benutzung eines Rasenmähers. "Da läufst du ständig gebückt", so Karl-Heinz Wittig. "Genau so war es mit dem Kinderwagen, als die beiden Jungs noch klein waren".

Ein Kapitel für sich ist die Beschaffung der Kleidung: Der Vater trägt eine Hose in der Größe 114, Sascha in der 118. Es ist nicht einfach, so etwas in einem Geschäft zu finden. Aber auch beim Kauf von Schuhen haben die Wittigs ihre Schwierigkeiten. Frau Wittig braucht die Größe 45. "Im Laden gibt es meist Damenschuhe höchstens bis zur Größe 42-43", sagt sie. Karl-Heinz Wittig und Ralf tragen die Größe 50-51, Sascha gar 52. "Das ist zwar gut am Nikolaus-Tag: Viel Süßigkeiten passen herein", lacht der Familienvater. "Schuhe in dieser Größe sind aber schwer zu beschaffen - meistens nur mit Hilfe eines Spezialkatalogs. Sie sind auch teuer. Die preisgünstigsten Turnschuhe in unserer Größe kosten mindestens 75 Euro".

Groß zu sein kostet also viel Geld. "Eigentlich könnte der Bundeskanzler Patenschaft über uns übernehmen", überlegt scherzhaft Karl-Heinz Wittig. "Denn wir können nichts dafür, dass wir so lang sind".

Die Wittigs lassen sich von den Alltagssorgen nicht so leicht die Stimmung verderben. Nicht nur Frau Wittig als ehemalige Musiklehrerin - alle vier Familienmitglieder sind sehr musikalisch. Der Vater Karl-Heinz spielt Akkordeon, Ralf ebenfalls Akkordeon und Tuba. Und Sascha singt in der Gruppe "Submission" aus Weißenfels mit, die eine eigene CD herausbringen will. Im Oktober nahmen der Vater und die Söhne während eines Erntefestes in Gröbzig am Wettbewerb "Wer ist der größte Mensch?" teil. Die ersten drei Plätze gingen konkurrenzlos an die Wittigs - in der Reihenfolge ihrer Größe. Beim nächsten Fest wollen sie einen Wettbewerb "Wer hat die größten Füße?" initiieren. Spaß muss sein. Konkurrenz aus der Region haben die drei Wittigs kaum zu befürchten. Höchstens später aus den eigenen Reihen. Denn Sascha hat eine Freundin, die an die 190 Zentimeter groß ist. Vielleicht muss Karl-Heinz Wittig die Decke seines Hauses irgendwann doch höher legen: aus Rücksicht auf Enkelkinder.