1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Landwirtschaft: Landwirtschaft: Dauerregen legt den Roggen um

Landwirtschaft Landwirtschaft: Dauerregen legt den Roggen um

Von Claus Blumstengel 22.07.2004, 19:34

Anhalt-Zerbst/MZ. - Besorgt ist Andreas Simon, Leiter der Rodlebener Agrargesellschaft, um den Raps und den Brotroggen, der noch auf den Feldern steht. "Jetzt müssten wir mit der Roggenernte anfangen", sagt er. Dabei hat er gerade die Mähdrescherfahrer nach Hause geschickt. Bei dem Regen können die Erntekapitäne unmöglich aufs Feld. Nicht nur der Zeitverzug ist es, der Andreas Simon Sorgen bereitet. "Die Nässe beeinträchtigt die Qualität des Roggens. Hält sie an, so kann er nicht mehr zum Backen, sondern nur noch als Futter verwendet werden", erklärt er seinen Frust.

Ähnlich sehe es beim Raps aus. Der sei von Stürmen umgeknickt. Könnten die Erntemaschinen jetzt mehrere Tage nicht auf die Felder, so würden die oberen Schoten platzen und die Rapskörner seien unwiederbringlich verloren. Ob es Hoffnung auf besseres Wetter gebe? "Zum Wetter sage ich gar nichts mehr", meint Simon resigniert.

Mit etwa 20 Prozent beziffert der Geschäftsführer des Bauernverbandes "Mittlere Elbe", Heinz Vierenklee, den bereits jetzt bei den Bauern im Landkreis Anhalt-Zerbst eingetretenen Verlust. "Nach zwei schlechten Jahren - 2002 war es das Hochwasser, 2003 die Trockenheit - hatten wir 2004 auf ein gutes Erntejahr gehofft", sagt er. Und im Mai habe es auch nicht schlecht ausgesehen: "Das Getreide stand gut. Aber erst muss es in der Scheune sein..."

Am 1. August sei im vorigen Jahr die Ernte im Landkreis so gut wie abgeschlossen gewesen. "Aber jetzt liegt der Roggen zum großen Teil um. Die Ähren sind durch die Feuchtigkeit zu schwer geworden", hat Vierenklee bei seinen Visiten in verschiedenen Agrarbetrieben beobachtet. Dieses "Lagergetreide" kann nicht gedroschen werden. Mancherorts sacken die Mähdrescher auch einfach auf den nassen Feldern ein. "Die Landwirte fahren laufend auf die Felder raus und prüfen, ob nicht doch gedroschen werden kann", hat Vierenklee erfahren.

Es sei wirklich höchste Zeit, dass das Wintergetreide vom Halm kommt. Es fange sonst an zu keimen, auch drohen Pilzkrankheiten. "Es ist zwar möglich", so Vierenklee, "dass umliegender Roggen sich wieder aufrichtet, aber Brotgetreide wird das nicht mehr", schätzt er ein.

Dabei sei die Lage im Landkreis durchaus unterschiedlich. Großbetriebe, die über ausreichend Technik verfügen, hätten schon bis zu 80 Prozent des Getreides geerntet. Auch sei die Landwirtschaft in Gegenden mit Sandböden - zum Beispiel im Fläming - nicht so stark betroffen. Kleinere Familienbetriebe hingegen hätten zurzeit gerade mal die Hälfte ihres Getreides unter Dach und Fach. Das müsse nun aber in die Trocknung mit zusätzlichen Kosten. "Da bleibt nicht viel Erlös", rechnet der Geschäftsführer des Bauernverbandes vor.

Dummerweise habe sich in diesem Jahr die Bauernregel über den "Siebenschläfer" bewahrheitet. "Und im Hundertjährigen Kalender steht tatsächlich, dass es in diesem Jahr selbst im August noch Regen geben wird", hat Vierenklee nachgelesen.

"Mit 80 Prozent Ernteergebnis könnten wir ja noch leben, wenn nur das Wetter bald besser würde", sagt der Geschäftsführer und gibt zu bedenken, dass der viele Regen für manche Kulturen auch gut ist. Für Mais, Grünland und selbst für den Weizen seien das "Top-Bedingungen".

"Wir versuchen, unsere Leute irgendwie zu beschäftigen, mit Aufräumarbeiten und ähnlichem", schildert Ingmar Elß, einer der beiden Geschäftsführer der Agrargesellschaft Klieken, die derzeitige Lage. "Wir kommen ja nicht einmal dazu, die Wintergerste zu ernten, die längst reif ist", berichtet er weiter. Die größten Einbußen werde es jedoch für die Agrargesellschaft Klieken beim Roggen geben. "Den haben Wind und Regen komplett umgewalzt, selbst der Weizen fängt jetzt an, sich umzulegen", informiert Elß. Hält die nasse Witterung an, drohe auf den Roggenfeldern um Klieken Pilzbefall. "Wir ernten nun keinen Brotroggen mehr, sondern nur noch Futtergetreide, und das wird deutlich schlechter bezahlt", äußert der Geschäftsführer.

"Was wir jetzt unbedingt brauchen, ist richtige Hitze, und zwar mehrere Tage lang", schätzt Ingmar Elß ein. Doch optimistisch ist er da nicht: "Sie haben doch schon wieder Gewitter angesagt..."