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Landgericht in Personalnot Landgericht Dessau-Roßlau in Personalnot: Bis 2030 gehen viele Dessauer Richter in den Ruhestand

Von Thomas Steinberg 22.01.2019, 06:00
Justitia hat es in Dessau-Roßlau nicht leicht. Bei Strafverfahren gibt es einen Stau.
Justitia hat es in Dessau-Roßlau nicht leicht. Bei Strafverfahren gibt es einen Stau. dpa

Dessau - Beide sind Jahrgang 1990, beide haben im Januar in Strafkammern ihre Arbeit begonnen – eine neue Richterin und ein neuer Richter sorgen für etwas Entlastung am Landgericht Dessau und für personelle Verjüngung. „Die beiden bringen uns neue Impulse“, ist Gerichtspräsident Winfried Holthaus überzeugt.

Dass die Justiz in Sachsen-Anhalt ein Personalproblem hat, ist kein Geheimnis. Anfang der 90er Jahre wurden praktisch auf einen Schlag so gut wie alle Richter neu eingestellt, meist Berufsanfänger, ungefähr in einem Alter. „Bis 2030 stehen uns viele Altersabgänge bevor“, lässt Frank Thiel, Pressesprecher des Landesjustizministeriums wissen.

Auch in Dessau. „Wir haben“, so Holthaus, „eine unausgewogene Altersstruktur. Die Kollegen sind fast alle Ü50. Es wird darum gehen, die Altersstruktur aufzubrechen.“

Richter werden immer älter und fallen häufiger wegen Krankheit aus

Derzeit arbeiten an den Gerichten des Landes 390 Richterinnen und Richter, 2030 würden ohne Neueinstellungen noch 203 im Dienst sein plus 21 derzeit noch im Probedienst beschäftigte Richterinnen und Richter. Thiel spricht von 50 neuen Stellen, die 2019 besetzt werden sollen.

„Ich will nicht behaupten, dass ältere Kollegen weniger leistungsfähig sind“, sagt Holthaus. Aber man müsse bei ihnen häufiger mit Ausfällen wegen Krankheiten rechnen. „Für diese Wechselfälle sind wir zu knapp ausgestattet.“

Diese Betrachtungsweise relativiert die Aussage des Ministeriums, das Landgericht sei „im Wesentlichen“ bedarfsgerecht ausgestattet. Und noch eines sorgt Holthaus: Der Stau bei den Strafverfahren.

Der hat diverse Ursachen. Die sorgen allesamt dafür, dass die Verfahren tendenziell länger dauern als noch vor einigen Jahren. Holthaus: „Was früher in drei oder vier Verhandlungstagen erledigt war, dauert heute acht, neun oder zehn.“

Wettbewerb zwischen Bundesländern um geeignete Nachwuchskräfte

Um bei den Strafverfahren hinterherzukommen, bräuchte es nicht einfach nur mehr Richterinnen und Richter. „Wir bräuchten neue Vorsitzende“, erklärt Holthaus. Der Abgang eines solchen vor Monaten ist bis heute nicht durch Neueinstellungen kompensiert worden. So wurde innerhalb des Gerichts personell umgeschichtet – zulasten der Zivilkammern.

Inzwischen sei zwischen den Bundesländern ein Wettbewerb um Nachwuchskräfte entbrannt. Wer auf den Websites der Justizministerien nachsieht, findet überall pauschale Stellenausschreibungen. Holthaus findet es deshalb gut, dass Sachsen-Anhalt mehr Referendariatsstellen anbieten will, in der Hoffnung, so neue Leute zu binden.

Was der im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD beschlossene „Pakt für Rechtsstaat“ bringen wird, ist momentan nicht vorhersehbar. Der Bund wollte damit die Personalsituation an den Gerichten stärken, was schwierig ist, da für die Gerichtsbarkeit die Länder zuständig sind. Aus dem Bundesjustizministeriums heißt es dazu nur: Der Pakt sei Gegenstand laufender Gespräche. (mz)