Kurt-Weill-Fest 2002 Kurt-Weill-Fest 2002: Werbezug in der Hauptstadt
Berlin/MZ. - 1993 wurde in Dessau eine Tradition begründet, die die Stadt in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal zum Mittelpunkt für Liebhaber der Musik Kurt Weills werden lässt. Vom 1. bis zum 10. März wird der Komponist in seiner Geburtsstadt wieder geehrt.
"Wir gehen optimistisch in das Fest. Wir sind guter Dinge", sagte Wolfgang Laczny, Präsident der veranstaltenden Kurt-Weill-Gesellschaft, bei der Vorstellung des diesjährigen Programms am Donnerstag in Berlin. Der Veranstaltungskalender des zehntägigen Festivals verspreche einiges.
Zur Eröffnung wird Weills selten gespielte Oper "Die Bürgschaft" im Anhaltischen Theater aufgeführt. Unter der Leitung des Generalmusikdirektors Golo Berg werden in der Inszenierung des britischen Weill-Spezialisten Jonathan Eaton internationale Solisten und das Ensemble des Theaters zu hören sein. "Das Haus Dessau sieht sich einer großen Herausforderung gegenüber", sagte Berg vor den Journalisten in Berlin. Er zeigt sich zugleich sicher, diese Aufgabe am Dirigentenpult zu bewältigen.
Thematisch ähnlich angesiedelt wie "Die Bürgschaft" ist die zweite große Produktion des diesjährigen Festes: Weills Musical "Johnny Johnson", das in einer Co-Produktion mit der Neuen Oper Wien und dem Frankfurter Kleist-Forum im Bitterfelder Kulturpalast gezeigt wird. In schwejk''scher Manier versucht der grund-pazifistische Steinmetz Johnny Johnson in dem Stück, den Krieg zu beenden - mit Lachgas. Vor der Presse in Berlin machten die Veranstalter deutlich, mit welchen zwei Problemen sich das aktuelle Fest auseinander setzt: der Integrität des Einzelnen in unsicheren Zeiten und dem Pazifismus.
Auf der Bauhaus-Bühne werden im Verlauf der Festwoche wieder bekannte Figuren ins Licht gerückt. Mit Michael Kunzes Solo-Stück "Lenya" wird das erste Schauspiel im Rahmen des Kurt-Weill-Festes uraufgeführt werden. Maresa Hörbiger schlüpft in die Rolle der Witwe Weills und lässt das Leben der kongenialen Komponisten-Gattin, vor allem aber Sängerin und Schauspielerin Revue passieren.
Vertraute Programmpunkte wie die Dinnershow im Kornhaus, das Geburtstagsspektakel im Hauptbahnhof und Bills Ballhaus im Bauhaus komplettieren das Fest. Erstmals wird das Pächterhaus zum Spielort. Der Berliner Kabarettist Hagen Damwerth bricht dort auf den Spuren Lindberghs in historische Lufträume auf.
Einen spannenden Abend verspricht das Cross-over-Event. Gitte Haenning will die Reihe prominenter Stars fortsetzen, die sich auf ganz persönliche Weise mit Weill auseinander setzten. Für die Sängerin, die sich zunehmend einen Namen als Jazzinterpretin machte, wird es ein Aufbruch ins Ungewisse. Als Überraschungsgast auf dem Pressetermin mit dabei, erinnert sie sich an den Moment, als sie für den Auftritt in Dessau angesprochen wurde: "Ich war schon interessiert, wusste nur nicht wie." Unter dem Titel "I''m a stranger here myself" wird sie Songs interpretieren, die Weill ursprünglich Marlene Dietrich zudachte. Am Abschlusstag des diesjährigen Kurt-Weill-Festes werden Max Raabe und das Palastorchester mit "Charming Weill" Evergreens des Komponisten in historischen Salonorchester-Fassungen spielen. Deren Charme und jener der Musik, so hofft die Weill-Gesellschaft, werde das Publikum zufrieden nach Hause gehen lassen.
Dann wird auch Gelegenheit sein, die Arbeit des neuen geschäftsführenden Direktors der Kurt-Weill-Gesellschaft, Clemens Birnbaum, einzuschätzen. Birnbaum, zuletzt bei den Dresdner Musikfestspielen engagiert, trat am 1. Januar die Nachfolge von Andreas Altenhof an (die MZ berichtete). Ab 1. September wird Birnbaum diese Stelle voll übernehmen. "Ich glaube, dass das Fest nicht neu erfunden werden muss", sagte er in Berlin. Trotzdem will er künftig noch mehr Wert auf die "legitimen Erben" des Komponisten legen. Denn: "Weill ist schon interessant, aber man muss auch immer auf den Kontext schauen."