1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. „Kurbeln statt schwurbeln“ - Radlerprotest gegen Aufmarsch von Rechtsextremen

Demo in Dessau „Kurbeln statt schwurbeln“ - Radlerprotest gegen Aufmarsch von Rechtsextremen

26.04.2021, 07:34
Die  Fahraddemo unter dem Motto ?Kurbeln statt Schwurbeln? führte am Sonnabend durch die Stadt.
Die Fahraddemo unter dem Motto ?Kurbeln statt Schwurbeln? führte am Sonnabend durch die Stadt. Foto: Th. Steinberg

Dessau - Es geht auf 16 Uhr zu, als am Westausgang des Hauptbahnhofes zwei Dutzend Männer und Frauen stehen. Einige sind gerade dabei, Fahnen und Transparente zusammenzurollen. Die meisten, wenn nicht alle der hier Versammelten, kann man montags am frühen Abend durch Dessau laufen sehen und gegen Coronamaßnahmen protestieren.

Das machen am Sonnabend auch knapp 70 Männer und Frauen, die hinter einem Transparent laufen, auf dem „Aktionsgruppe DE/BTF“ steht. Klamotten, der gesamte Auftritt, Sprüche wie „Dessau erwache“ sollen keine Zweifel aufkommen lassen: Hier ist die rechtsextreme Szene unterwegs.

Allerdings nicht alleine. Während sich hinterm Bahnhof all jene versammelt haben, die Corona für alles andere, aber für kein gesundheitliches Problem halten, haben auf der Ostseite Gruppen wie Dessau nazifrei, Fridays for Future, Linksjugend und andere zur Fahrraddemo aufgerufen. „Kurbeln statt schwurbeln“ lautet das Motto. Es ist keine Aktion von 125 Regierungstreuen, die jede Maßnahme gegen Corona begrüßen würden. Sondern man wendet sich gegen Verschwörungstheoretiker, gegen Nazis und alle, die grundsätzliche Zweifel an den Anti-Corona-Maßnahmen äußern und gelegentlich die Pandemie für eine Erfindung und Verschwörung halten. Drei Männer führen mit einem Transparent den Zug an, das verkündet „Zwangsimpfungsantifa - Lasst euch impfen, sonst tun wir es“. Der Schriftzug ist schwarz, einige Buchstaben darin sind rot hervorgehoben und ergeben den Namen „Gates“.

Das Grüppchen am Westausgang wäre eigentlich gern bei den Rechtsextremen mitgelaufen. „Wir“, sagt ein Organisator der Montagsdemos, „reden mit jedem.“ Dass man schließlich doch am Bahnhof stehen blieb, ist kein Ausdruck von Distanzierung, sondern der Tatsache geschuldet, dass für die Demos Maskenpflicht galt. Die Masken habe man nicht tragen wollen. „Viele von uns haben ein Attest.“

Zur „Kurbeln-statt-Schwurbeln“-Demo ist es gekommen, weil irgendwie der Pan der Rechtsextremen durchgesickert ist, am 24. April durch Dessau ziehen zu wollen. Die Organisatoren reagierten schnell und meldeten eine Protestaktion an. „Wir haben denen die Demoroute weggenommen“, freute sich vorm Bahnhof ein Sprecher der gemeinsamen Initiative, bevor man loszieht. Zumindest auf einen Teil der Route trifft das zu, nämlich die am Rathaus vorbei. Zeitlich stark versetzt indes teilen sich beide Demozüge die Kavalierstraße, wo linke Jugendliche vergebens versuchen, den rechten Demozug zu blockieren - rasch führt ihn die Polizei über den Platz vorm Bauhausmuseum vorbei. Die Rechten feiern das wie einen Sieg.

Polizisten sind Sonnabend reichlich vor Ort. Sie fahren eine Taktik, die von der früher üblichen des massiven Auftretens im Block abweicht: Die Beamten sind in kleinen mobilen Gruppen unterwegs, sichern nach allen Seiten, können schnell eingreifen, wenn sich irgendwo ein Konflikt anbahnt. Und - auch das war einmal anders - sie sind ansprechbar.

Nach insgesamt drei Stunden sind gegen 17 Uhr sämtliche Demos beendet. Zu irgendwelchen Zwischenfällen kam es nicht. (mz/tst)