Kulturerbe in Gefahr? Kulturerbe in Gefahr?: Mehr als 200 Bäume wurden im Dessauer Georgengarten gefällt

Dessau - Die 220 gefällten Ahornbäume im Beckerbruch beschäftigen nun auch die Landesregierung von Sachsen-Anhalt: Nachdem die Stadtverwaltung von Dessau-Roßlau mitteilte, dass Teile des Bestands von der sogenannten Rußrindenkrankheit befallen sind und die betroffenen Bäumen fällen ließ, hat die fraktionslose Landtagsabgeordnete Sarah Sauermann einen Kleine Anfrage in Magdeburg gestellt.
In dem Schreiben macht sie auf folgendes aufmerksam: „Im Georgengarten wurde Ende des 18. Jahrhunderts eine Parkanlage im englischen Stil erschaffen. Von einem wunderschönen Wald im Reich der Gartenträume ist jedoch das derzeitige Gesamtbild des Beckerbruchs weit entfernt - obwohl es Weltkulturerbe ist.“ Sie spricht davon, dass die stehen gelassenen Baumstümpfe und vor Ort abgelegten Baumstämme für Touristen und Bewohner „erschaudernde Zustände“ darstellen.
„Mit der Fällung hat die Stadt Dessau-Roßlau die Verkehrssicherheit wieder hergestellt“
Sauermann will daher unter anderem wissen, warum die Bäume im Beckerbruch abgeholzt wurden und was nun mit ihnen passiert. Die Landesregierung, die nach eigenen Aussagen bei der Stadtverwaltung von Dessau-Roßlau nachgefragt hat, teilt hierzu mit: „Mit der Fällung der von der Rußrindenkrankheit befallenen und in ihrer Standsicherheit gefährdeten Bäume hat die Stadt Dessau-Roßlau die Verkehrssicherheit wieder hergestellt.“ Und: „Nach der Rückung und dem Abtransport der Stämme und größeren Äste wurde das Holz auf einem geeigneten Lagerplatz von Fachpersonal gehäckselt und der energetischen Verwertung zugeführt.“
Doch was wird aus dem zurückgelassenen Holz? Dazu heißt es: „Die Stadt plant die von den Fällungsarbeiten verbliebenen Äste und Zweige für die sukzessive Verrottung vor Ort zu belassen.“ Generell will die Landtagsabgeordnete wissen, ob die Bäume überhaupt hätten gefällt werden dürfen. Schließlich ist es nach Bundesnaturschutzgesetz verboten, Bäume in der Zeit vom 1. März bis 30. September zu beseitigen. Zudem gehöre das Gartenreich Dessau-Wörlitz zum Unesco-Weltkulturerbe.
Rußrindenkrankheit hatte zahlreiche Bäume befallen
Auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung teilt die Landesregierung hierzu mit: „Diese Verbote gelten nicht für Maßnahmen, die der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen, so wie es hier der Fall war.“ Und: „Für die in Rede stehenden Verkehrssicherungsmaßnahmen erfolgte vor Beginn der Arbeiten eine Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde, endend mit der Feststellung der Unabwendbarkeit der Baumentnahme.“
Zum zweiten Aspekt, also dem von der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur vergebenen Weltkulturerbestatus, wird mitgeteilt: „Die Bestimmungen des Denkmalschutzes des Landes Sachsen-Anhalt sind einzuhalten, da die Anlage als Kulturdenkmal ausgewiesen ist.“ Darüber hinaus gelten nach eigenen Aussagen keine gesonderten Auflagen für Waldflächen, die zum Weltkulturerbe Gartenreich Dessau-Wörlitz gehören.“
Zum Hintergrund: Die Verwaltung hatte im Sommer darüber informiert, dass die Baumkrankheit die Ahorn-Bestände im Beckerbruch befallen habe und allergische Reaktionen bei Menschen auslösen könne. Symptomatisch für die Rußrindenkrankheit ist, dass die erkrankten Bäume zunächst Risse an der Rinde bekommen, aus denen Schleim herausfließen kann.
Mehr als 200 Bäume wurden im Georgengarten
gefällt
Besonders im Spätsommer werden die Blätter welk und fallen ab, ganze Teile der Baumkrone sterben. Schließlich löst sich die Rinde großflächig ab und auf dem Stamm ist eine dichte, puderige, schwarz-braune Ablagerung zu erkennen. Die rußartige Schicht hat zur Bezeichnung der Krankheit geführt. Einige Bäume gehen innerhalb eines Jahres ein, bei anderen dauert es mehrere Jahre. Bei der Rußrindenkrankheit handelt es sich um Pilzsporen, die vom Wind weitergetragen und mit Niederschlägen abgespült werden.
Nach Aussagen der Verwaltung war im Beckerbruch zu beobachten gewesen, dass das Holz der Bäume relativ schnell seine Standfestigkeit verliert. Wegen der Verkehrssicherheit habe an stark frequentierten und öffentlichen Wegen daher Handlungsbedarf bestanden. Mehr als 200 Bäume wurden daraufhin gefällt. (mz/dop)