1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt VEREIN: Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt VEREIN: »Das war meine allerletzte Chance»

Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt VEREIN Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt VEREIN: »Das war meine allerletzte Chance»

Von Sylke Hermann 25.11.2001, 14:56

Dessau/MZ. - Anke Brüning kommt als Gesandte aus dem hohen Norden. Viereinhalb Stunden im Auto - von Lamstedt bis Dessau. Der Weg ist weit, die Strecke nicht neu. Brünings Verbindung zum Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt, das am Freitag zur jährlichen Party mit Freunden, Förderern, Spendern und Patienten eingeladen hatte, ist trotz der räumlichen Trennung innig. "Wir sind praktisch die norddeutsche Zweigstelle des Registers", schmunzelt sie. Aktionen, auf denen sich Menschen typisieren lassen, gehören längst zum Alltag der Mutter eines krebskranken Jungen. 1997 fing sie an, Typisierungstermine zu begleiten und organisierte sie wenig später mit unzähligen Helfern in eigener Regie - als persönlich Betroffene.

"Für mich", berichtet der Dessauer Knochenmarkspender Holger Friske vor fast 90 Gästen im Dessauer Institut des DRK-Blutspendedienstes, "ist das damals eine große Sache gewesen." Friske war einer der ersten, die sich 1992 typisieren ließen. Lange bitten musste ihn keiner. Als im Sommer vergangenen Jahres der definitive Spendenaufruf kam, der Familienvater von zehn in Frage kommenden Registrierten die besten Werte aufwies, zögerte er nicht. "Man ist das den Leuten einfach schuldig." Der Bedarf an Spendern sei enorm.

Walter Zschiedrich, 57, war vor anderthalb Jahren auf die Spende eines ihm Fremden angewiesen. "Das war damals meine allerletzte Chance." 55 war er, als er von der Leukämie erfuhr. Alles hätte sich seither verändert: Arbeiten könne er nicht mehr, das Herz hätte durch die Chemotherapie an Leistungsfähigkeit eingebüßt. "Aber ich fühle mich gut. Die Leukämie ist, denke ich, besiegt." Die Bedeutung dieser Spende, erzählt der Mann aus Saalfeld in Thüringen, sei ihm erst hier bewusst geworden. Sein Gegenüber als Lebensretter zu begreifen, sei "äußerst bewegend". 31 Jahre ist Maik Spormann heute, Versicherungskaufmann aus Königshütte. Schon länger hatte er vor, dem Empfänger seiner Spende ein paar Zeilen zu schreiben, "aber ich wusste nicht, was". Dass man sich auf so einer Veranstaltung zunächst beschnuppern kann, sei ihm sehr angenehm. Zumal die Ungewissheit im Vorfeld kaum zu ertragen war: "Ich hatte alles erwartet - vom Kleinkind bis zum Rentner." Es sei unabhängig von Alter, Geschlecht und Nationalität des Patienten "einfach wichtig zu wissen, dass es einen Sinn hat, was man tut", sagt Spormann.

Für Registerarzt Dr. Gerhard Schönermarck, der die Festgesellschaft zudem als Hausherr begrüßte, hat das Menschliche dieser Tätigkeit hohen Stellenwert. Die Party des Vereins will deshalb zuvorderst den persönlichen Kontakt untereinander pflegen. Spormann und Zschiedrich waren nur eines von vier Spender-Patienten-Pärchen, die sich in Dessau zum ersten Mal begegneten. Für das kommende Jahr, wenn das Register zehn Jahre existiert und die fünfte Knochenmarkspenderparty ansteht, kündigt Schönermarck schon jetzt "etwas Hochkarätiges" an.

Koordinatorin Annette Wodke-Curtius; Tel. 03 40/ 54 14 11 27 oder per e-mail: [email protected]

Das Knochenmarkspenderregister Sachsen-Anhalt ist ein gemeinnütziger Verein, gegründet am 3. November 1992 in Dessau. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Freiwillige zu finden, die für nicht verwandte Leukämiepatienten Knochenmark oder Stammzellen spenden und somit eine Transplantation ermöglichen. Nachdem die Gewebemerkmale eines potenziellen Spenders typisiert worden sind - dazu braucht es lediglich ein Röhrchen Blut -, werden diese in der Registerdatei verwaltet.

9 000 Menschen erkranken hierzulande jährlich an Leukämie. Für viele ist eine Transplantation die einzige Chance zu überleben. Im Dessauer Register, bundesweit das zehntgrößte, werden aktuell 22 180 typisierte Spender geführt. 53 von ihnen haben seit 1992 tatsächlich Knochenmark oder Stammzellen gespendet, bisher allein 21 in diesem Jahr. Insgesamt sind in Deutschland derzeit rund 1,67 Millionen Spender registriert, weltweit sind es 7,42 Millionen.