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Kandidaten im Gespräch Kandidaten im Gespräch: Stefan Maria Stader (SPD) - Andere Prioritäten setzen

19.09.2017, 12:13
Stefan Maria Stader ist Luft- und Raumfahrt-Fan. Für die SPD will er in den Bundestag einziehen.
Stefan Maria Stader ist Luft- und Raumfahrt-Fan. Für die SPD will er in den Bundestag einziehen. Lutz Sebastian

Dessau - Für das Fotomotiv hat er sich das Technikmuseum Hugo Junkers in Dessau ausgesucht. Denn er stamme wie Junkers aus Rheydt, sagt Stefan Maria Stader. Und: Junkers habe viele Innovationen hergeholt. So etwas müsse auch heute gelingen, so der 60-Jährige im Gespräch mit MZ-Redakteurin Heidi Thiemann, die ihn zwischen Hausbesuchen („Den Kuchen backe ich ... kochen Sie für uns Kaffee?“) und Podiumsdiskussionen in Dessau-Roßlau getroffen hat.

Herr Stader, vor einem Jahr waren Sie hier ein völlig Unbekannter. Wie kommt es, dass Sie als Ortsfremder in diesem Wahlkreis kandidieren?

Stader: Es spielt doch nicht die Rolle, wo jemand herkommt. Man muss die Menschen lieben, man muss sie ernst nehmen. Ich habe mich durch mein Studium in Bonn schon früh politisch und auch sozial engagiert. Ich kann den Menschen ein Angebot machen, dass ich für sie da bin. Darauf kommt es doch an.

Sie hatten seit Ihrer Nominierung nur zehn Monate Zeit, sich bekanntzumachen.

Stefan Maria Stader ist 60 Jahre alt, alleinstehend und Wahl-Berliner. Er stammt aus Rheydt bei Mönchengladbach, ist gelernter Elektroinstallateur, machte sein Abitur auf dem Abendgymnasium und studierte in Bonn und Duisburg Katholische Theologie, Philosophie und Germanistik. Während des Studiums hatte er durch eine studentische Mitarbeit ersten Kontakt zum Bundestag. An den Unis Bonn und Duisburg war er Mitglied des Allgemeinen Studentenausschusses und zuständig in Nordrhein-Westfalen für die Juso-Hochschulgruppen. Seit 2001 ist er als Büroleiter und wissenschaftlicher Referent des Kölner Bundestagsabgeordneten Günter Oesinghaus, später Martin Dörmann tätig. Seit 1989 ist er SPD-Mitglied. Flugzeugpionier Hugo Junkers ist Vorbild für Stader, die Luft- und Raumfahrt sein Steckenpferd. Der Katholik ist sozial engagiert, hat zum Beispiel früher Obdachlosen-Frühstücke organisiert.

Ich bin gleich von Anfang an losgelaufen. Ich war beim Nachbarschaftstreff, beim Jugendrotkreuz, bei vielen Veranstaltungen in Zahna, Bad Schmiedeberg, Wittenberg, Dessau-Roßlau. Ich mache Tür-zu-Tür-Besuche. Man muss zu den Leuten hingehen, nicht warten, bis sie kommen. Ich bin nicht abgehoben. Ich habe Respekt vor jeder Biografie. Der Mensch ist wichtig, sein politisches Spektrum erstmal egal.

Sie betonen den Respekt vor den Leuten.

Weil man ihnen zuhören muss. Ich komme nicht und sage, ich weiß alles, sondern ich höre zu.

Und was erfahren Sie da?

Dass zum Beispiel die Betriebsrenten bei den Eisenbahnern nach der Wende nicht anerkannt wurden. Auch bei in der DDR geschiedenen Frauen und Alleinerziehenden gibt es viele Rentenprobleme. Bei den Gesprächen lernt man viel dazu. Deshalb habe ich die Eisenbahner mit Burkhard Lischka, dem SPD-Landesvorsitzenden und Bundestagsmitglied, zusammengebracht.

Aber es gibt doch nicht nur Rentenprobleme.

Bei meinen Praktika im Kindergarten habe ich hautnah mitbekommen, wie der Alltag dort aussieht. Für die Einrichtungen muss man viel mehr machen, damit künftig noch genügend Erzieher da sind. Politik muss auf die Zukunft ausgerichtet sein.

Was heißt das für Sie?

In meinem Wahlkreis meine ich damit ein gutes Zusammenleben von Jung und Alt. Dessau-Roßlau ist die drittälteste Stadt Europas. Man darf die Region nicht abschreiben. Man muss sie als Metropolregion zwischen Leipzig und Berlin begreifen und muss sie stärken. Innovationen müssen her im Sinne von Junkers. Die Infrastruktur muss funktionieren. Man muss den Öffentlichen Personennahverkehr stärken, schauen, dass man ihn günstig macht.

Aber die Verkehrsunternehmen müssen doch wirtschaftlich rechnen. Man kann ihnen doch nicht vorschreiben, alles günstiger zu machen.

Man muss mehr Geld verteilen vom Bund auf das Land und die Kommunen. Geld ist doch da. Wir müssen andere Prioritäten setzen, nicht mehr Geld für die Rüstung ausgeben. Es geht darum, Verbesserungen zu schaffen für die Menschen vor Ort.

An welche denken Sie speziell?

Es gibt viel Altersarmut. Deshalb müssen wir die Rente so gestalten, dass die Menschen davon leben können. Dann finde ich den Mindestlohn viel zu gering. Das sind Dinge, die kann man nur im Bund regeln. Auch bei der Befristung von Leiharbeit und bei der Teilzeitarbeit muss man was tun. Die Menschen haben sonst keine Planungssicherheit für die Zukunft. Auch in Bildung muss man investieren, Kinderarmut verhindern. Wenn man durch den Wahlkreis fährt, bekommt man so viel mit, was nicht stimmt vor Ort.

Sie wissen wie der Hase im Bundestag läuft, dass alles nicht so einfach zu ändern ist. Sie haben selbst für zwei Abgeordnete gearbeitet.

Dadurch habe ich gelernt, mich schnell auf Themen einzulassen. Aber mich hat auch vieles, was da läuft, geärgert. Manche Gesetze würden anders ausfallen, wenn man schaut, was hat das für Auswirkungen vor Ort. Dann wäre Hartz IV nicht so gekommen.

Das hat doch aber die SPD mit zu verantworten? Wie wollen Sie das also ändern?

Ich bin 60. Ich strebe keine Karriere im Bundestag an. Aber ich kann und werde den Mund aufmachen. Natürlich müssen Interessen abgewogen werden. Doch es geht um die Menschen. (mz)