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Jüdische Gemeinde in Dessau Jüdische Gemeinde in Dessau: Tradition oder Moderne?

Von Annette Gens 01.12.2017, 07:00
Der Entwurf von Alfred Jacoby ist ein Rundbau - ähnlich einer Torarolle.
Der Entwurf von Alfred Jacoby ist ein Rundbau - ähnlich einer Torarolle. Thomas Haehnel / Repro: Lutz Sebastian

Dessau - Bis Ende November wird die Jüdische Gemeinde zu Dessau festlegen, welche Synagoge in der Kantorstraße gebaut werden soll. Zur Auswahl stehen zwei Entwürfe von zwei Architekturbüros, die dem Kuratorium der Gemeinde ihre Ideen vorstellten.

Dessauer Architekten Anne Sommer und Dieter Bankert halten ihren Entwurf in der Bauhaus-Tradition

Die Dessauer Architekten Anne Sommer und Dieter Bankert halten ihren Entwurf in der Bauhaus-Tradition - schlicht und modern. In dem Quader und unter einem Zeltdach entsteht auf zwei Ebenen Platz für 100 Personen. Sommer/Bankert setzen auch auf Außenwirkung und wählen als Verkleidung der Fassade ein dunkelblaues Keramikglas, das nachts schimmert und Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Auch Blätter aus Keramikglas sind in die Fassade eingelassen. Sie stehen einerseits für die zwölf Stämme Israels und sind andererseits ein symbolischer Brückenschlag ins Gartenreich: Am 9. November 1938 wurde die Dessauer Synagoge durch Dessauer zerstört. Im Wörlitzer Park gab es couragierte Menschen, die die dortige Synagoge schützten und bewahrten.

Der Entwurf von Alfred Jacoby fußt auf jüdischen Elementen

Ganz anders nähert sich der Architekt Alfred Jacoby, Professor an der Hochschule Anhalt, dem Thema. Seine Entwurfsidee fußt auf jüdischen Elementen. Der Schild gehört neben der Krone zu den Schmuckstücken der Tora. Jacoby entwarf einen Rundbau ähnlich einer Torarolle und setzt diesem runden Körper eine lichtdurchflutete Krone aufs Dach.

„Ich wollte etwas entwerfen, was unsere Religion direkt ausdrückt“, sagte der Architekt, dessen erster Entwurf - ein Geschenk der Kurt-Weill-Gesellschaft - aus finanziellen Gründen ausgeschlagen werden musste. Jacoby baute bereits in Deutschland und im Ausland elf Synagogen. Bankerts Referenzobjekt steht mit dem Diakoniezentrum St. Georg in Sichtweite der Kantorstraße. Beide Entwürfe liegen um eine Million Euro.

Im Kuratorium wurde kontrovers diskutiert

Im Kuratorium wurde teils kontrovers diskutiert. Mark Dainov, Vertreter des Zentralrats der Juden Deutschlands, meinte, Bankert/Sommer hätten religiöse Grundsätze nicht eingehalten. Historiker Bernd Ulbrich widersprach dem. Schrein und Tora-Tisch seien so angeordnet, wie in liberalen Gemeinden - auch die zerstörte Dessauer gehörte dazu.

Entscheidung soll nach Willen des Kuratoriums schnell fallen

Die Mehrheit im Kuratorium findet beide Ansätze beeindruckend. Die eine besticht durch ihre Schlichtheit und moderne Bauweise, der Rundbau wiederum hält Zwiesprache mit der wenige Meter entfernten Georgenkirche. Nun muss die Gemeinde entscheiden. Möglichst schnell. Das Kuratorium setzte eine Frist von vier Wochen. Denn Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras sucht Unterstützung im Land, um das Projekt voranzutreiben.

Jüdische Gemeinde hat rund 150.000 Euro für das Projekt zur Seite gelegt

Die Jüdische Gemeinde zu Dessau hat rund 150.000 Euro für das Bauprojekt gespart, ebenso viel stellt der Zentralrat der Juden in Aussicht. Die Stadt stellt das Grundstück zur Verfügung. Einen von der Landeskirche angebotenen Kredit „können die Gemeindemitglieder nicht annehmen“, stellte Dainov im Kuratorium überraschend klar. Befürchtet wird, dass die kleine 320 Mitglieder zählende Gemeinde die Raten nicht tilgen kann. (mz)

Modern ist der Entwurf von Dieter Bankert und Anne Sommer.
Modern ist der Entwurf von Dieter Bankert und Anne Sommer.
L. Sebastian