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Jubilarin Jubilarin: Mundartdichterin Brigitte Hanke wird 80 Jahre alt

Von Danny Gitter 01.11.2013, 18:04
Brigitte Hanke hält Ereignisse und „Jeschichten“ in vielen Ordnern und in Mundart fest.
Brigitte Hanke hält Ereignisse und „Jeschichten“ in vielen Ordnern und in Mundart fest. sebastian Lizenz

Dessau/MZ - Nichts und niemand kann sich in Sicherheit wägen vor ihrer spitzen Feder. Wenn Brigitte Hanke was aufschnappt, dann kann das unter Umständen wenig später schon in einem ihrer vielen Ordner und Hefter als Geschichte landen und danach Gehör bei einer Mundartlesung in der Stadt finden. Sie schreibt so ziemlich alles „uff“, was ihr „vor de Knute“ kommt. Egal ob Jubiläen, Hochzeiten, Streitigkeiten oder Ungereimtheiten. Weit über 100 Begebenheiten hat Hanke, die am Sonnabend 80 Jahre alt wird, schon gesammelt und in Mundart niedergeschrieben. „Ich beobachte gerne, was so vor sich geht“, erzählt die Seniorin. Nicht nur in Mildensee, was ihr längst Heimat geworden ist, sondern überall in der Stadt, legt sie sich „auf die Lauer“.

Mundart ist für Hanke das Mittel, wo sie ihrer Meinung nach kein Blatt vor den Mund nehmen muss und schreiben beziehungsweise reden kann, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. „Ich nehme mir jetzt einfach die Freiheit“, sagt Hanke. Aus vollen Rohren zielt die 80-Jährige mit ihrem „Klagelied zum Brickenbau“ gegen die Verantwortlichen in der Verwaltung, wenn ein Bauwerk mal wieder auf absehbare Zeit nicht fertig wird, und sie von vorbeifahrenden Autos „mit Dreck bejallert wird“. Aber sie kann auch volle „Bejeisterung for de Musike“ empfinden und sich am „Festumzuch in Mill’nsee“ erfreuen.

Wie ein roter Faden zieht sich diese besondere, für viele gewöhnungsbedürftige Sprache durch ihre acht Jahrzehnte. Es war einst im Krieg die Tante, die ihr zum Zeitvertreib im Luftschutzbunker in Aken aus den „Paschlewwer Jeschichten“ von Hermann Wäschke vorlas. Später, 1969, zog sie mit ihrem Mann, einem Uhrmachermeister, nach Waldersee und lernte dort als Freund der Familie den Mundartdichter Willibald Krause kennen. Mit Begeisterung sammelte sie Mundartgeschichten in der Zeitung, schrieb akribisch das Akener Wörterbuch des in Aken geborenen Germanistikprofessors Karl Bischoff ab und gab manche mundartliche Anekdote in der Zeitung ihrer Brigade beim Zementanlagenbau Dessau zum Besten.

Seit 1994 verwitwet und den Beruf als kaufmännische Angestellte an den Nagel gehängt, widmete sich Hanke, Mitglied des Freien Deutschen Autorenverbands, vollends ihrer Leidenschaft, dem Schreiben. „Schnell wurde mir klar, dass Mundart meine Sache ist“, berichtet die Seniorin. Erst waren es Erinnerungen an die Kindheit und Jugend, die sie niederschrieb und die gerade durch Mundart sehr lebendig vor ihrem geistigen Auge erschienen. Dann kamen Beobachtungen aus dem Alltagsgeschehen dazu.

Mal ganz ernst im Hochdeutsch schilderte sie in einem Fluttagebuch 2002, im Buch zum Hochwasser von Bernd Helbig, ihre Erlebnisse jener dramatischen Tage im August. Dann bespielte sie mit „Dor Loobfrosch“ ein Hörbuch mit 18 lakonischen Geschichten, in Akener Mundart gesprochen. „Das ist einfach Heimat“, sagt die Jubilarin. Und wenn sie einen Wunsch freihätte, dann den, „dass auch die Jugend dafür noch was übrig hat“.