Insolvenzverschleppung und Betrug Insolvenzverschleppung und Betrug: Dessauer Ex-Unternehmer zu Haftstrafe verurteilt
Dessau - Es schmeckte. Und weil es schmeckte, zählten auch einige Richterinnen und Richter zu seinen Kunden. Was heute, vier Jahre nach der Pleite seines Dessauer Cateringunternehmens und nach drei Gerichtsverhandlungen Peter M. (Name geändert) keinen Strafnachlass einbrachte.
Das Landgericht Dessau verurteilte M. wegen insgesamt 28 Wirtschaftsstraftaten – von der Insolvenzverschleppung über Betrug bis zur Veruntreuung von Gehältern zu zwei Jahren und neun Monaten.
Es war nicht das erste Urteil: Vom Amtsgericht hatte es für die unstrittigen Taten zunächst drei Jahre und neun Monate gegeben, das Landgericht hielt zwei Jahre auf Bewährung für ausreichend, die Staatsanwaltschaft das für zu wenig und bekam letztlich Recht beim Oberlandesgericht, so dass der Fall zurück nach Dessau ging.
Der Angeklagte legte als Unternehmer eine Pleite nach der anderen hin
Was diesen besonders macht: M., Anfang 50 und von Beruf Agraringenieur, hat sich früh schon als Unternehmer versucht – und eine Pleite nach der anderen hingelegt. Es fing an mit einer Molkerei in Naumburg, in die er einstieg, ohne nach eigener Darstellung etwas von einer bestehenden Forderung über 800.000 D-Mark zu wissen.
Ob M. eine Brauerei führte oder einen Backshop, ob er in Calbe aktiv war oder in Delitzsch – immer ging es schief, wurden die Firmen insolvent, wurde ein Strafverfahren nach dem anderen eröffnet, folgte Verurteilung auf Verurteilung, die ihn schließlich in die Haft führten.
„Herr M.“, sagt sein Verteidiger, „ist ein ziemlich guter Praktiker im Umgang mit Lebensmitteln, aber er ist kein Kaufmann.“ Darauf hätte M. auch schon nach der neunten oder elften Verurteilung kommen und das mit der Selbstständigkeit sein lassen können, kontert der Richter. M. ließ es nicht sein. Stattdessen sammelte er bis heute 18 Eintragungen im Bundeszentralregister an, hinter denen sich mehr als 200 einzelne Taten verbergen.
Angestellte erhielten keinen Lohn, Krankenkassen keine Beiträge, Vermieter und Lieferanten kein Geld
Glaubt man M., ging es ihm nie darum, andere abzuzocken. Er fahre ein ganz kleines Auto und habe sich als Geschäftsführer immer nur ein kleines Gehalt ausgezahlt. Was noch stärker dafür spricht, dass M. nicht der gewiefte Wirtschaftskriminelle ist: Er wurde bei seinen Mauscheleien und Betrügereien oft erwischt und verurteilt. Und machte trotzdem immer weiter, hoffte, mit dem nächsten Geschäft die alten Schulden begleichen zu können. Sein Anwalt: „Herr M. war immer sehr enthusiastisch.“
Für den Enthusiasmus ließ M. jedoch andere bezahlen: Angestellte erhielten keinen Lohn, Krankenkassen keine Beiträge, Vermieter und Lieferanten kein Geld. Und: Er stellte, was seine Pflicht gewesen wäre, keinen Insolvenzantrag, als er seine Verbindlichkeiten von 360.000 Euro nicht mehr bedienen konnte.
Inzwischen hat M. sich von seinen unternehmerischen Ambitionen verabschiedet und arbeitet als Angestellter. 2.000 Euro verdient er pro Monat und sagt, er habe mit etlichen Gläubigern Rückzahlungsvereinbarungen geschlossen. Insgesamt geht es dabei um 460.000 Euro. Er habe schon erhebliche Summen zurückgezahlt. Diese Rückzahlungsbereitschaft war für den Verteidiger ein Argument für die von ihm beantragte Bewährung. M. habe verstanden, weshalb eine Haft einem „sinnfreien Nachtreten“ gleichkomme.
Keine Bewährung für den Angeklagten
Die Staatsanwältin wollte das so nicht stehen lassen. M. habe „nichts auf die Reihe bekommen“ und trotz vieler Urteile nicht begriffen, dass er für die Selbstständigkeit nicht tauge. „Es war zu heftig.“ Und überdies: Wie solle das Abbezahlen bei einem monatlichen Einkommen von 2.000 Euro funktionieren?
Drei Jahre, neun Monate seien am Ende noch milde. Das sah das Gericht anders und verhängte zwei Jahre und neun Monate. Diese wurden allerdings nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (mz)