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Industriegeschichte Industriegeschichte: Imagebroschüre stammt aus Dessau

Von RAINER HAUS 05.01.2010, 18:10

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Es spricht für den weiten, fortschrittlichen Geist des Technikpioniers Hugo Junkers, dass sein Unternehmen Junkers & Co. bereits um 1913 eine mit 83 Fotos illustrierte "Imagebroschüre" herausgab. Für die deutsche Industrie der damaligen Zeit war diese Form der "Imagebroschüre" nach heutigem Erkenntnisstand absolutes Neuland. In den "goldenen Jahren" vor dem Ersten Weltkrieg standen Unternehmens-Porträts entweder als meist aufwändig gestaltete Jubiläumsbände oder in Form von broschierten Sonderdrucken von Zeitschriftenartikeln zur Verfügung. Junkers änderte das.

Illustrierte Preislisten

Bei dem 1895 in Dessau gegründeten Gasgerätewerk Junkers & Co. waren die ersten illustrierten Preislisten vom Ende des 19. Jahrhunderts bereits im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts von anspruchsvoll gestalteten Katalogen abgelöst worden.

Das junge Dessauer Thermotechnikunternehmen hatte 1896 einen zweigeschossigen Fabrikneubau in der Albrechtstraße 47 bezogen, dessen Raumkapazität bereits zwei Jahre später schon nicht mehr reichte. 1906 wurde von Junkers & Co. in Dessau eine neue Fabrikanlage errichtet, die 1911 erweitert werden musste. 1912 / 13 entstanden in dem vergrößerten Gasgerätewerk zahlreiche Fotos, die im Firmenarchiv von Junkers & Co. überliefert sind, das sich im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau befindet. Ein Großteil dieser Fotodokumentation diente als Bildvorlage für die kurz darauf gestaltete "Imagebroschüre".

Der künstlerisch gestaltete Umschlag der Broschüre mit dem Schriftzug "Junkers" vermittelt bereits, dass es sich hier nicht um Produktwerbung, sondern um eine "Imagebroschüre" handelt. Die Zeichnung zeigt die großräumige und architektonisch beeindruckende Fabrikanlage mit zahlreichen herausströmenden Mitarbeitern. So entsteht ein dynamischer, nach vorn gerichteter Eindruck. Dies setzt sich im Innenteil mit einer für die Zeit modern anmutenden grafischen Darstellung der Umsatzentwicklung zwischen den Jahren 1901 und 1912 fort.

Ein weiterer Ausdruck der neuartigen Form der Broschüre besteht darin, dass sich die schriftliche Unternehmensbeschreibung auf lediglich eine Textseite beschränkt. Einleitend heißt es hier, dass die Fabrik "aus kleinsten Anfängen hervorgegangen" sei. Wegen ihrer technischen Innovationskraft und des stets vorherrschenden Prinzips, nur Produkte höchster Qualität zu liefern, habe man sich "zu einer tonangebenden Firma" entwickelt. "Die Konstruktionen beruhen auf wissenschaftlichen Forschungen, langjährigen praktischen Versuchen und reichen Erfahrungen." Die Apparate von Junkers seien auf ihren Gebieten "bahnbrechend" geworden und stünden "nach wie vor an erster unerreichter Stelle". Die größte "Anerkennung für ihre Güte" bedeute die anhaltend starke Umsatzentwicklung es Unternehmens.

Auf 38 Seiten wird in der "Imagebroschüre" Bildmaterial der Fabrikationsanlagen, der kaufmännischen und technischen Abteilungen sowie der Entwicklung präsentiert. Hinzu kommen Aufnahmen der Verkaufsstellen mit ihren Gebäuden, Büros und Ausstellungsräumen. Ein Hinweis auf die zahlreichen Auslandsvertretungen von Junkers in Europa und auch in Übersee vermittelt abschließend den Eindruck eines international aufgestellten Unternehmens.

Affinität zum Bauhaus

Der innovative Geist von Hugo Junkers zeigte sich auch später nicht nur bei der Entwicklung seiner Flugzeuge, sondern beispielsweise auch bei der Unterstützung des Bauhauses, das seit 1925 in Dessau ansässig war. Zugleich machte sich Junkers den avantgardistischen Stil des Bauhauses für seine Werbung und Ausstellungsgestaltung zunutze und war damit erneut seiner Zeit voraus. Bei den Katalogen kommt Junkers Bauhaus-Affinität erstmals auf der Rückseite der Ausgabe aus der Zeit um 1925 mit dem senkrecht angeordneten Schriftzug "Junkers" und einem großen roten Punkt zum Ausdruck.

1932 ging das Gasgerätewerk Junkers & Co. GmbH an Bosch über, da Junkers während der Weltwirtschaftskrise in einen finanzielle Schieflage geraten war und durch diesen Verkauf seine übrigen Unternehmensteile zunächst vor fremdem Zugriff bewahren konnte. Die Tatsache, dass Junkers heute eine innovative und internationale Marke der Bosch Thermotechnik GmbH ist, zeigt auch in der Gegenwart noch die Nachhaltigkeit des innovativen Geistes von Hugo Junkers.