Deichbauarbeiten an der Mulde bei Dessau In Kleutsch wird der Deich erhöht - Bauleute stehen vor Herausforderungen
Teils sind Spundwände nötig, weil der Platz für eine herkömmliche Hochwasserschutzanlage nicht ausreicht.

Kleutsch/MZ - Die Lieferung kommt ununterbrochen an. Bis zu 1.000 Tonnen Kies werden täglich von einer Mosigkauer Kiesgrube nach Kleutsch transportiert. Ziel der Ladung ist eine Baustelle, die vor fünf Wochen angelaufen ist. Mit dem Kies und weiteren Baumaterialien wird die letzte große Hochwasserschutz-Schwachstelle der Stadt geschlossen.
In und bei Kleutsch wird seit Ende Oktober der Deich zwischen 20 und 75 Zentimeter erhöht und ein Deichverteidigungsweg angelegt. Der Kleutscher Deich ist eigentlich noch nicht so alt. 1997 errichtet, gab es nach dem Jahrhunderthochwasser 2002 an Mulde und Elbe den ersten Paradigmenwechsel im Land, erinnerte Burkhard Henning, Chef des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Damals sei schon absehbar gewesen, dass das neue Bauwerk den aktuellen Hochwasserbemessungsgrößen angepasst werden müsse. Doch der LHW stand danach angesichts vieler maroder Deiche im Land vor großen Herausforderungen, vielen Einzelmaßnahmen und enormen Investitionen. Kleutsch hatte wenigstens einen Deich.
Ob das Material pünktlich zum Frühjahr in Kleutsch eintreffen wird, steht in den Sternen
Der letzte große Lückenschluss zum Schutz vor dem Muldehochwasser in dem kleinen 430-Seelen-Ort hat es in sich. Die Bauleute stehen vor enormen technischen Herausforderungen. Denn der 1,7 Kilometer lange Streckenabschnitt kann nicht komplett mit herkömmlichen Materialien errichtet werden. Im ersten - einfacheren - Bauabschnitt werden Baustoffe wie Kies verbaut. Innerorts muss aus Platzgründen mit Spundwänden gearbeitet werden.
Ob das Material pünktlich zum Frühjahr in Kleutsch eintreffen wird, steht in den Sternen, erinnerte LHW-Flussbereichsingenieur Jörg Herrmann an die Situation auf dem Weltmarkt. Stahl, aus dem Spundwände bestehen, habe eine Lieferzeit bis zu einem halben Jahr. Sofern geliefert, müssen die Spundwände bis zu sechs Meter tief in das Erdreich gerammt werden. Die Kraft, die erforderlich ist, könnte sich auf umliegende Gebäude auswirken. „Wir werden die Häuser deshalb zur Sicherheit mit Sensoren ausstatten“, erklärt Herrmann eine Vorsichtsmaßnahme und ahnt, die Herausforderungen wollen nicht enden.

Kleutsch bekommt endlich seinen erhöhten Deich
Der Hofsee, dessen Böschung an eine Spundwand grenzt, sei so ein Knackpunkt. Der Untergrund des Sees scheint in Bewegung. „Voraussichtlich müssen wird dort mit Steinschüttungen die Spundwand stabilisieren, damit der Stahl dem Druck standhalten kann.“
Darüber hinaus bangt der Bauherr noch um den Fertigstellungstermin des Deiches. Ursprünglich sollten die Deichbauarbeiten im August beginnen, die Maßnahme verzögerte sich um zwei Monate und zieht sich bis zum Frühsommer. Diese Zeit fehlt insofern, weil der Naturschutz die Deichbauarbeiten aus Naturschutzgründen zwischen März und August generell nicht gestattet. Der LHW will mit der Stadt ins Gespräch kommen, ob eine Sondergenehmigung unter bestimmten Bedingungen möglich sei.
Kleutsch bekommt endlich seinen erhöhten Deich. Acht Jahre nach dem letzten Jahrhunderthochwasser der Mulde investiert das Land rund drei Millionen Euro. 2013 standen die Kleutscher vor der Evakuierung, weil das Wasser die Deichkrone erreicht hatte. Doch damals wollte niemand gehen. „So etwas wollen wir nie wieder erleben“, meinte Ortsbürgermeister Roland Gebhard beim Baurapport.