Hundeluft Hundeluft: Das Gespenst vom Schuldenberg
Roßlau/MZ. - Wenn sie an das vergangene Jahr denken, was hat sich da in ihrem Ort am meisten verändert? Worüber haben sie sich gefreut?
Petrasch: Über die Stärkung unserer Vereine im Dorf habe ich mich gefreut. Der Feuerwehr-, der Findlings- und der Burgverein etablieren sich sehr stark. Respekt! Drei solche Vereine bei nur etwa 280 Einwohnern im Ort zu haben, das ist doch nicht schlecht.
Ansonsten haben wir 2003 die letzte Straßenbaumaßnahme abgeschlossen. Der Wiesenweg mit Straßenbeleuchtung wurde erneuert. Damit ist unser Straßennetz in Hundeluft nun fertig gestellt.
Worüber haben sie sich geärgert?
Petrasch: Hundeluft hatte für 2003 keinen genehmigten Haushalt. Das hatte ein schwieriges Arbeiten zur Folge und bedeutete eine Gratwanderung. In diesem Jahr sieht es anders aus, ist unser Haushalt wieder ausgeglichen.
Dann erlebte ich im vorigen Jahr den Tiefschlag meiner Amtszeit mit der Freigabe der Restitutionsansprüche auf das 1953 enteignete Grundstück mit Dorfplatz und Feuerwehrgebäude. Das Verfahren mit der Erbengemeinschaft endete vor Gericht mit einem Vergleich. Das Wichtigste: Hundeluft konnte Platz und Wehrgebäude behalten.
Welche Vorhaben sollen in diesem Jahr in ihrer Gemeinde verwirklicht werden?
Petrasch: In diesem Jahr sind drei Investitionen geplant. Die größte betrifft den Neubau der Rosselbrücke an der Mühle. Dieser wird dazu beitragen, den Schwerlastverkehr zur Kläranlage aus dem Dorf herauszuhalten. Dadurch wird zukünftig unser Straßennetz geschont.
Weiterhin soll der Fußweg am Ortseingang fertig gestellt werden. Dazu gehört auch die Auspflasterung des Eingangs zur Burg Hundeluft.
Das dritte Vorhaben ist die Giebelsanierung des Feuerwehrgebäudes. Die neue Isolierung soll helfen, Heizkosten zu sparen, und die Verblendung soll das Haus auch äußerlich attraktiv machen.
Ob Bund oder Land - überall reden die Politiker vom Sparen. Wo musste in Hundeluft der Rotstift angesetzt werden?
Petrasch: Wir wollen uns das leisten, was wir uns bisher auch geleistet haben - und das ist nicht viel. Die Dorffeste wollen wir in Hundeluft auf jeden Fall erhalten. Doch ums Sparen kommen wir nicht umhin. Bei der Straßenbeleuchtung bleibt in bestimmten Bereichen nach 22 Uhr jede zweite Lampe aus. Umbaumaßnahmen bei der Straßenbeleuchtung stehen 2004 noch an der Landstraße 120 an. Und dann versuchen wir mit ehrenamtlichem Engagement, wie erst jetzt bei der Dorfteichsäuberung, manches zu bewegen. Geld, um solche Aufträge an Firmen zu übertragen, haben wir leider nicht.
Das Jahr 2004 ist für die Gemeinden in mehrerer Hinsicht entscheidend. Der Prozess der Gebietsreform wird forciert und im Juni finden Kommunalwahlen statt. Thema Gebietsreform: Welche Entwicklung erhoffen sie sich?
Petrasch: Die Vorstellungen des Innenministeriums in der Verwaltungsreform sehen vor, Hundeluft zum 31. Dezember 2004 zur Verwaltungsgemeinschaft Coswig zuzuordnen. Die freiwillige Phase, die Ende des Monats endet, können wir nicht nutzen, da wir keine Partner finden, um die geforderte 10 000-Einwohner-Größe zu erreichen. Eine Sondergenehmigung, die Verwaltungsgemeinschaft Rosseltal bestehen zu lassen - erweitert durch die Dörfer, die die VG Coswig verlassen wollten -, hatte das Innenministerium verwehrt. Mit der neuen Konstellation hatte jedoch niemand gerechnet.
Meine Variante lautet: Das Innenministerium kann immer noch Roßlau als Trägergemeinde bestimmen. Dies werde ich auch bei der Anhörung vor dem Innenministerium, die bis zum 15. Mai erfolgen soll, vorschlagen. Denn die VG Coswig kann von der Größe her alleine existieren. Unsere Strukturen aber sind nach Roßlau gewachsen. Dies würde mit der Zuordnung in eine andere Richtung zerstört. Ich möchte gern den ländlichen Raum erhalten, ebenso die Selbstständigkeit der Gemeinden mit allen Rechten und Pflichten.
In diesem Punkt sollten seriöse Auseinandersetzungen und Gespräche in den Rosseltal-Dörfern geführt werden. Die Eingemeindung nach Roßlau wäre der letzte Schritt, den man auch noch in Jahren gehen könnte. Doch angesichts der jüngsten Entwicklung, dass sich Roßlau in Richtung Dessau und Jeber-Bergfrieden orientiert, sehe ich die Gefahr, dass der Landkreis Anhalt-Zerbst geteilt wird. Das wäre zugleich das Todesurteil für den Landkreis.
Als Argument wird immer wieder das Verwaltungsgebäude der VG Rosseltal und die von den Gemeinden zu übernehmende Schuldenlast aufgeführt. Doch es gibt für dieses Problem eine Lösung. Der Landkreis würde unser Verwaltungsgebäude nachnutzen. Ein entsprechender Antrag von mir liegt in der nächsten Ausschusssitzung der VG vor. Damit wäre das Gespenst des Schuldenberges ausgeräumt.
Thema Kommunalwahlen. Im Sommer wird der Gemeinderat neu besetzt. Wie beurteilen sie die Zusammenarbeit mit ihren bisherigen Räten und was möchten Sie den Kandidaten schon heute mit auf den Weg geben?
Petrasch: Ich wünsche mir eine konstruktive Zusammenarbeit mit den neuen Ratsmitgliedern. Dabei liegt mir besonders eine Abwandlung des Zitats von Kennedy am Herzen: "Die Damen und Herren Räte sollen sich fragen, was sie für die Gemeinde tun können und nicht, was die Gemeinde für sie tun kann."
Ich freue mich schon auf den neuen Rat und hoffe, dass die Kandidaten mit mir für die Gemeinde durch dick und dünn gehen.
Welches persönliche Motto begleitet Sie durch das Jahr 2004?
Petrasch: "Frage nicht, was das Land für dich tun kann, sondern frage dich, was du für dein Land tun kannst." Das ist das Original-Zitat von Kennedy.