Hoffen auf Normalität Hoffen auf Normalität: Die "Heideperle" in Dessau-Kochstedt hat neue Pächter

Kochstedt - Warum sie mitten in der dritten Corona-Welle eine Gaststätte eröffnen, diese Frage wurde Panagiotis Sofianidis und Kristina Urbach schon einige Male gestellt. „Wir sind überzeugt, dass irgendwann die Normalität wieder zurückkehren wird. Bis dahin machen wir das Beste aus der Situation und sind vorbereitet“, sagt Urbach.
Die Wiedereröffnung der „Heideperle“ am Heideplatz in Kochstedt in dieser schwierigen Zeit hat für das Gastronomen-Ehepaar finanzielle Gründe. Rund 50.000 Euro haben beide in den Umbau des Restaurants investiert. Pacht und Nebenkosten fallen an. Und das Küchenpersonal will lieber arbeiten, statt in Kurzarbeit zu verweilen.
Deshalb haben sie sich entschieden, auch ohne klare Öffnungsperspektive zumindest mit dem Außer-Haus-Verkauf von Speisen zu beginnen.
Jahrelang hatte ein deutscher Gastronom das 2003 eröffnete Restaurant betrieben
Vorigen Sonnabend haben Sofianidis und Urbach nach fast fünfmonatigem Umbau einfach die Tür des Restaurants am Heideplatz aufgeschlossen, ein Angebotsschild raus auf die Terrasse gestellt und auf die ersten Kunden gewartet. Die kamen irgendwann tatsächlich. Ab dem nächsten Tag wurden es immer mehr. Die Eröffnung hat sich in Kochstedt schnell rumgesprochen.
„Einen festen Eröffnungstermin haben wir vorher extra nicht verkündet und auch keine Werbung gemacht, um uns nicht unter Druck zu setzen. Es sollte losgehen, wenn wir bereit sind“, erzählt Urbach. Am 27. März waren sie „bereit“. Aus der Heideperle wurde das „Santorini“.
Jahrelang hatte ein deutscher Gastronom das 2003 eröffnete Restaurant betrieben. Anfang 2019 übernahm eine indische Familie die „Heideperle“, die aber im Corona-Frühjahr 2020 und dem damit verbundenen ersten Lockdown wieder aufgab. Im September 2020 schauten sich Sofianidis und Urbach das Objekt an und unterschrieben kurz darauf den Pachtvertrag.
Griechische Restaurants sind schon stark in der Doppelstadt vertreten
Die rustikale Innen-Einrichtung kam raus, die Küche wurde umgebaut. Der Grieche und seine Ehefrau aus Kirgisistan wollen einen neuen Akzent am Heideplatz setzen. „Wir bieten eine große Auswahl aus der griechischen Küche, aber auch Schnitzelgerichte. Demnächst wollen wir auch Pizza anbieten“, so Sofianidis.
Griechische Restaurants sind schon stark in der Doppelstadt vertreten. Sofianidis sieht aber darin kein Problem. „Jeder hat seinen Platz. Man muss eben mit seinem Angebot überzeugen“, so der griechische Gastronom.
Neulinge in der Gastro-Branche sind er und seine Frau keineswegs. Sie kam mit ihrer Familie als Zehnjährige aus der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisistan 1996 nach Aken. Nach der Schule studiert Urbach Wirtschaftsingenieurwesen in Köthen und finanziert ihr Studium über Jobs in der Gastronomie.
„Bis zur Pandemie lief alles gut“
Dort trifft sie auch auf ihren jetzigen Ehemann. Der 38-Jährige kam vor 18 Jahren aus Athen in die Region, um als Koch zu arbeiten. Sie heiraten, bekommen vor sechs Jahren einen Sohn, bleiben der Gastronomie treu und eröffnen mit dem „Athos“ am Holzmarkt in Köthen 2016 ihr erstes eigenes Restaurant. 2018 übernehmen sie zusätzlich die „Taverna Hellas“ in der Nähe der Redbull-Arena in Leipzig.
„Bis zur Pandemie lief alles gut. Vor allem die Bundesliga-Wochenenden und Konzerte in der Red Bull Arena in Leipzig spülten ordentlich Geld in die Kasse“, erinnert sich Sofianidis. „Dieses Polster hilft uns jetzt, durch die Krise zu kommen“, erzählt seine Frau.
In Köthen und Leipzig machen sie derzeit schon Außer-Haus-Verkauf. Auch am neuen Standort in Kochstedt gibt es über Ostern täglich und danach außer montags alles zum Mitnehmen. Ein Lieferdienst soll demnächst eingerichtet werden.
Beide wollen in der Bauhausstadt Dessau ein neues Kapitel schreiben
Das Außer-Haus-Angebot in Kochstedt sichert derzeit drei Mitarbeitern den Lohn. Wenn die rund 100 Innen- und Außenplätze sowie die zum Restaurant gehörende Bowlingbahn in Betrieb genommen werden können, dann sollen bis zu fünf weitere Mitarbeiter eingestellt werden. Kochstedt soll aber mehr als nur ein dritter Standort werden. „Wir schauen uns hier nach Wohnungen um, weil es uns hier echt gut gefällt, die Leute sehr freundlich sind und Dessau einiges zu bieten hat“, sagt Urbach.
Beide wollen in der Bauhausstadt Dessau ein neues Kapitel schreiben. Privat. Und irgendwann auch mit ganz normalem Restaurantbetrieb. „Vielleicht ist es schon im Frühsommer soweit“, gibt sich Urbach optimistisch in der Krise. (mz)