Hobby Hobby: Affenliebe und keine Angst vor Abenteuern
Köthen/MZ. - Affenliebe im wahrsten Sinne des Wortes kann man einer Köthenerin bescheinigen. Nicht etwa, dass sie vielleicht lediglich Stofftiere dieser Art sammelt oder Bücher über Affen oder laufend in Zoos fährt, um die Tiere zu sehen. Nein - Erika Rüge liegen die Tiere, insbesondere Gorillas und Schimpansen, so sehr am Herzen, dass sie das ganze Jahr über sparsam lebt, um dann dorthin aufzubrechen, wo die Tiere leben und etwas dafür tun kann, dass ihr bedrohter Lebensraum erhalten wird. Und auch dafür, dass Affen, die durch Menschen Schaden genommen haben, Hilfe zuteil wird.
Die 49-jährige gebürtige Osternienburgerin und studierte Verfahrenstechnikerin, die nunmehr seit drei Jahren bei der Unteren Wasserbehörde der Landkreisverwaltung ihrer Arbeit nachgeht, hat schon immer ein Herz für Tiere gehabt. "Als Kind bin ich mit Tieren aufgewachsen und in der Schule hat mich Biologie immer besonders interessiert", sagt sie. Doch ein Fachabitur mit technischer Ausrichtung nützte nicht zu einem Studium in dieser Richtung.
So blieb die Tierliebe der Freizeit vorbehalten. Oft ist sie in Tierparks und Zoos gewesen, dabei "haben mich die Affen immer deshalb so fasziniert, weil sie in Bewegung und Sozialverhalten uns Menschen recht ähnlich sind", sagt sie. Nach der Wende dann hat sie sich ihren Wunsch erfüllt, weit zu reisen und Tiere dort zu sehen, wo sie zu Hause sind. Zunächst nicht vordergründig Affen, sondern alle möglichen Arten.
Sie war in den 90er Jahren in Marokko und Tunesien, in Kenia, Namibia, Südafrika, Simbabwe, auf Madagaskar, reiste nach Ecuador, zu den Galapagos-Inseln und nach Brasilien. Dann, ab 2000, spezialisierte sie sich auf die Regionen, in denen ihre Lieblingstiere, die Affen, leben. Sie ging nach Tansania, nach Uganda und Rwanda, um ganz zielgerichtet Gorillas und Schimpansen zu finden, zu beobachten und mit Gleichgesinnten etwas zur Erhaltung der Arten zu unternehmen.
Seit Anfang vergangenen Jahres ist Erika Rüge Mitglied im Verein Berggorilla- und Regenwalddirekthilfe e.V., von dem ein Mitglied der Ostafrikanischen Gesellschaft in Deutschland berichtet hatte, das sie auf einer Uganda-Tour traf. "Gerade die Berggorillas sind ganz extrem vom Aussterben bedroht", erklärt Erika Rüge. "Es gibt ungefähr noch 600. Die Tiere leben nur an einer Stelle, im Dreiländereck Rwanda, Uganda und Demokratische Republik Kongo. In einer Region von Vulkanbergen sind etwa 300 von ihnen beheimatet, die übrigen 300 leben verstreut in der Region", sagt sie.
Bedroht ist die Existenz der Berggorillas, weil sich Einheimische von ihrem Fleisch ernähren. Hier Wildfrevel zu vermeiden, Wildhüter zu unterstützen, die Bevölkerung aufzuklären über andere Möglichkeiten der Ernährung und ihr beim Anbau alternativer Nahrungsmittel zu helfen, das sind einige der Ziele des Vereins, dem die Köthenerin nun angehört.
Viel hat Erika Rüge erlebt auf ihren Reisen, die alles andere als eine Erholung sind. Fit muss sie sein, um stundenlang in Regionen ohne Weg und Steg im Gewirr von Bäumen, Büschen und Pflanzen unterwegs zu sein. Aufpassen muss man, wissen, wie man sich verhält, wenn urplötzlich die Tiere, zu denen man unterwegs ist, im Dickicht auftauchen.
"Man sieht den Affen ihren Gemütszustand an", weiß sie und erkennt das auch. "Keinesfalls darf man zum Beispiel sich umdrehen und weglaufen, wenn ein Gorilla mit bösem Blick unversehens zwei Meter vor einem steht. Ruhig bleiben und sich ducken, um Unterwerfung zu demonstrieren - das ist das Richtige."
Beim Blättern in zahllosen Fotoalben weiß Erika Rüge zu jedem Bild etwas zu erzählen, fast alle Tiere haben Namen. Robbie, der gern die Zähne zeigt, und Natascha. Eddie, der schnell mal mit Steinen wirft, Sally oder auch Nagoti - ein Affe, der richtig grinsen kann. Alle hat sie fotografiert. "Es ist wirklich erstaunlich", sagt Erika Rüge. "wenn man sich länger mit ihnen beschäftigt, sieht man, dass sie lachen oder schmollen, kichern und sich bei der Begrüßung richtig freuen."
Etliche Bilder hat sie in ihrer Wohnung aufgehängt, so dass sie schon beim Nachhausekommen von ihren Freunden begrüßt wird. Zunächst einmal zieht sie aber nach Dienstschluss die Turnschuhe an und verlässt die Wohnung noch einmal, um zu joggen. Jeden Tag. Sieben Kilometer. "Das macht mir Spaß und ich muss mich schließlich fit halten."
Denn auch für dieses Jahr hat sie eine Reise geplant. Wenn möglich, in den Kongo, dorthin, wo die Bonobos leben. Zwergschimpansen, die den Menschen am nächsten verwandt sind. "Allerdings muss die politische Situation einigermaßen stimmen", sagt Erika Rüge, die jedoch nicht zu den Ängstlichen gehört. Rücksicht auf eine Familie muss sie allerdings auch nicht nehmen. "Ich bin Single, kein Problem", lacht sie.
Wer aber nun denkt, dass die Köthenerin nur ein Herz für "Exoten" hat, der irrt. Oft besucht Erika Rüge den Köthener Tierpark, geht spazieren dort und beobachtet seine Bewohner. Lebensmittel, die sie nicht mehr verwerten kann und die noch als Futter geeignet sind, bringt sie hin. Und über das Luchsweibchen Bonny hat sie die Patenschaft übernommen. Nicht ohne Grund: Sie war es auch, die den Namen vorschlug und das Tier zum Tierparkfest im September taufen durfte.