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Hilfen zur Erziehung Hilfen zur Erziehung: Nicht jeder kommt ins Heim

Von Sylke Kaufhold 15.01.2004, 17:01

Dessau/MZ. - Sie schickten Nadine und ihren Vater zunächst in die Clearing-Stelle, welche derzeit im Querweg aufgebaut wird. Im Gespräch mit pädagogischen Fachleuten, Eltern und Kind soll dort geklärt werden, ob das Heim wirklich die beste Lösung ist oder ob andere ambulante Hilfsmöglichkeiten in Frage kommen könnten.

Nadine war sozusagen ein Probelauf, denn erst im 1. Quartal 2004 wird die Clearing-Stelle ihre Arbeit voll aufnehmen. "Es zeigt sich aber bereits, dass wir damit den richtigen Weg eingeschlagen haben", erläutert Andrea Fiedler, Leiterin des Erziehungsverbundes beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Das Mädchen ist inzwischen wieder zu Hause", so das Ergebnis der intensiven Gespräche. Ein Erziehungsbeistand hilft der Familie bei der Lösung der Probleme. "Das Heim wäre für Nadine die falsche Entscheidung gewesen", erklärt Fiedler. Vier Wochen bis zu einem Vierteljahr kann diese Klärung in Anspruch nehmen.

"Wir wollen die geeignete Hilfe für die Familien finden", beschreibt Andrea Fiedler das Ziel. Zur Auswahl stehen neben der Heimeinweisung zahlreiche ambulante Hilfsangebote wie der Einsatz einer Familienhelferin, eines Erziehungsberaters, die Nutzung einer Tagesgruppe, betreutes Wohnen oder die Erziehungsberatungsstellen. Entsprechend strukturiert der Paritätische Wohlfahrtsverband seine Arbeit im Bereich der Erziehungshilfen um und schuf dafür den Erziehungsverbund, um die Fachkräfte flexibler und schneller nach Bedarf einsetzen zu können. Dies zu koordinieren, ist Aufgabe von Andrea Fiedler.

"Wir wollen auch neue Akzente in der Heimerziehung setzen", beschreibt sie ein weiteres Anliegen. Viel mehr als bisher soll das Heim künftig "Hilfe zur Erziehung" leisten. "Wenn wir den Eltern alles abnehmen, können sie es nicht lernen", so die Erkenntnis. Deshalb werde die Zusammenarbeit wesentlich intensiviert. "Wir nehmen die Eltern mehr in die Pflicht."

Dabei werden sie unterstützt, erhalten professionelle Hilfe von Psychologen, Sozialpädagogen, Heilpädagogen. Ein bis zwei Jahre soll die Betreuung geleistet werden. "Dann sollen die Eltern so fit sein, dass es wieder funktioniert in der Familie", setzt Andrea Fiedler das Ziel.

Ob es künftig mehr oder weniger Heimkinder geben wird, das kann heute noch keiner sagen. "Wir geben bedarfsorientierte Hilfe", erklärt Gregor Bernatzky, Leiter des Heimes im Querweg, "welche das ist, ist nicht voraussagbar." Mit dem Erziehungsverbund sei aber genügend Flexibilität gegeben, um auf einen geänderten Bedarf reagieren zu können, ist Andrea Fiedler überzeugt.