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Hilfe für Tschernobyl-Kinder Hilfe für Tschernobyl-Kinder: «Wir sind sehr, sehr dankbar»

Von Sylke Hermann 04.07.2002, 18:00

Roßlau/MZ. - "Sie wissen doch wie sie ist." Sicher weiß Ljuba Schmidt, wie sie ist, aber sie wollte es von der Mutter hören. Doch die schweigt - und lächelt. Karina steht neben ihr, hält die Hand der Mutter. Sie schweigt - und lächelt.

"Ein ganz liebes Mädchen, sehr klug, sehr lebhaft. Sie singt auch. Sehr schön." Ljuba Schmidt, die Vorsitzende des Vereins "Hilfe für Tschernobyl-Kinder in Brjansk", freut sich für das 14-jährige Mädchen, das zum ersten Mal in Deutschland ist und dem es hier so gut gefällt. Gestern kam sie mit nach Roßlau, wo sie sich nicht lange bitten ließ. Schmidt: "Sie will unbedingt für die alten Damen und Herren singen."

Im Altenheim Lukoer Straße waren die Waisenkinder aus Brjansk wie schon in den Jahren zuvor gern gesehene Gäste. 39 von ihnen sind zurzeit in Mölz (Landkreis Köthen) untergebracht, wo der Verein ein Kinderheim betreibt. Die Mädchen und Jungen der Tanzgruppe "Aquarell" begleiten die behinderten Kinder aus Weißrussland und nutzen jede Gelegenheit, ihr Programm aus Folkloristischem und Modernem aufzuführen. "Sie wollen zeigen, was sie können", weiß Schmidt, der es hierbei auch um die Förderung der Gruppe geht. Die Senioren genossen den unterhaltsamen Nachmittag, der ihnen ein Programm mit Tanz, Musik und Gesang bescherte.

Ljuba Schmidt wird nicht müde, herum zu reisen, für ihren Verein und "meine vielen Kinder" um Unterstützung zu werben. In diesem Jahr sind es zehn Jahre, die sie sich für Brjansker Mädchen und Jungen einsetzt, die seit der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl krank oder elternlos sind. Viele leben in Armut. "Diesmal haben wir die Ärmsten der Armen mitgebracht." Es sind Kinder aus einem großen Behindertenverband in Brjansk.

Sieben aus der Gruppe sind zum wiederholten Mal in Deutschland bei Gasteltern. Für Karina ist es der erste Besuch. Und sie genießt die Zeit. Mit sechs Monaten ist sie operiert worden, ein Tumor im Auge hat sie erblinden lassen. Mittlerweile lebt sie 14 Jahre damit. "Es ist faszinierend, was sie trotz allem leistet", schwärmt Ljuba Schmidt. "Sie malt sogar." Vielmehr beschreibt sie der Mutter, wie sie sich die Dinge vorstellt. Mittlerweile ist so viel zusammengekommen, dass die Arbeiten des Mädchens in einer Ausstellung gezeigt werden sollen. Für die Vorsitzende des Vereins bestätigt sich auch darin die Richtigkeit ihres Konzepts: "Die Hilfe zur Selbsthilfe blüht." Dass das Land einmal ohne die Unterstützung aus Deutschland auskommen kann, hofft sie, glaubt aber nicht, dass dies in naher Zukunft gelingen kann. "Meine ersten Waisenkinder", erzählt sie, "verlassen das Haus und vielen von ihnen stehen nur zwei Wege zur Auswahl: entweder sie bekommen keine Arbeit und sitzen auf der Straße oder sie landen im Gefängnis." Schon deshalb wird sie weiter Hilfstransporte und Ferienfahrten organisieren.

"Wir sind sehr, sehr dankbar für die Hilfe", erklärte die Leiterin der Tanzgruppe. "Unsere Kinder haben hier alles bekommen, frisches Obst, schöne Kleidung, viel Zuneigung. Vielen Dank."

Noch in dieser Woche kehren die Brjansker Kinder in ihre Heimat zurück, wo sie den Eltern oder den anderen Kindern im Waisenhaus viel zu erzählen haben werden. Wiederkommen würden sie alle gern. Karina, das blinde und auf einem Ohr fast taube Mädchen, auch: "Aber wann nur, wann?", fragt sie mit großer Vorfreude.